(Plop Online Comics, hier klicken)  
Anmerkung: Das da unten sind alte Comic-Besprechungen die im Comic Fanzine 'Plop' erschienen. Die meisten sind von Andreas Alt ('aa') verfasst. Natürlich sind die Angaben nicht mehr gütig, Hefte vergriffen, Zeichner umgezogen, Währung geändert etc. Aber für den einen oder anderen vielleicht ganz interessant hier zu schmökern...

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Plop 47
Besprechungen



Bob (d. i.: Britta van den Boom): Sonnenfeuer. 52 Seiten, s/w mit zweifarbigem Umschlag, DIN A4-Album, 6,50 Mark. Edition Fantastic Stories, c/o Dirk van den Boom, Rinkerodeweg 28, 48163 Münster.
 
Wenn man auf einem Routine-Raumflug einen tiefgefrorenen Außerirdischen aus dem All fischt, dann bedeutet das meist nichts Gutes. Oder doch: den Sprung ins Abenteuer. Der Außerirdische erweist sich aufgetaut als Überlebender einer uralten Weltraumkatastrophe; ein unverantwortlicher Herrscher hatte die Maschine Sonnenfeuer zur Energiegewinnung eingesetzt, worauf dutzende von Sonnen explodiert und etliche Zivilisationen ausgelöscht worden waren. Ena und Dagh, die beiden Raumfahrer, forschen nach dem Sonnenfeuer und stellen fest, daß die Maschine just in diesem Moment wieder eingesetzt werden soll. Da hilft nur, das Sonnenfeuer seinem Selbstzerstörungsmechanismus anheim zu geben. Dafür muß man aber rein in diesen Todesstern. Klar, das klingt ein bißchen nach Star Wars. Aber die Geschichte ist über weite Strecken durchaus eigenständig. Darüber hinaus sind zwei Dinge an dieser Veröffentlichung bemerkenswert: Der Comic stammt von einer Frau; das bedeutet, daß die harte Space Opera mit vielen romantischen Elementen durchsetzt (das wuschelige Haustier Jört ist mindestens so niedlich wie die Tribbles - und ohne Nebenwirkungen) und eine Frau die überzeugende Hauptfigur der Geschichte ist. Und die Geschichte hat Albumlänge. Das zeichnerische Können reicht zwar nicht immer, die märchenhafte Zukunftswelt wirklich plastisch zu machen, aber die Zeichnungen sind über 45 Seiten hinweg auf konstantem Niveau, und - was noch wichtiger ist - die Story entwickelt sich ruhig, aber spannend. Britta van den Boom versteht, mit dem doch großen Format um-zugehen. „Sonnenfeuer“ erscheint übrigens in der Reihe „Fantastic Stories“ bereits als zehnter Band. Außerdem gibt es vier Son-derausgaben mit phantastischen Kurzgeschichten. aa
 
Kreativo!
# 13 und 14. Je 32 Seiten, s/w,  DIN A5, je 1 Mark plus Porto. Kreativo!-Projekt / Birke, Postfach 2022, 58470 Lüdenscheid.
 
Ein ausgesprochen „fanniges“ Fanzine mit relativ geringem Comic- und Cartoon-Anteil, dafür ein weites Themenspektrum bei den Textbeiträgen: Musik (Punk, Independent), Reiseberichte, Termine, Rezis, Gedichte und mehr. Sehr sympathisch. hg
 
cOMIc # 23 und 24. 28 bzw. 40 Sei-ten, s/w, DIN A5. Im Tausch gegen Beiträge oder andere Fanzines. Gerd Bonau, Eckernförder Straße 30, 24398 Karby.
 
Wer’s immer noch nicht weiß: cOMIc hat sich mittlerweile als ernstzunehmendes Fanzine mit vielen lesenswerten Beiträgen etabliert. Gerds Prinzip, alles abzudrucken, was er zugeschickt bekommt, sorgt dafür, daß von „sehr fannig“ bis „ziemlich professionell“ alle Spielarten vertreten sind, und seine winzigen Auflagen sorgen dafür, daß man tunlichst schnell zugreifen sollte. hg
 
Plattform # 0. 16 Seiten, s/w mit rotem Umschlag, DIN A5, kostenlos. Plattform, Wilhelmshafener Straße 17, 24105 Kiel oder Schönberger Straße 83, 24148 Kiel.
 
Ein von Anzeigen getragenes Comicmagazin nun auch in Kiel? Nicht ganz. Der programmatische Titel des Hefts deutet an, daß mehr daraus werden soll. Die Herausgeber wünschen sich neben Comics auch noch Gedichte, Interviews und Reportagen und entschuldigen sich beinahe dafür, daß in ihrer Nullnummer überwiegend Comics enthalten sind. Dabei sind schon jetzt immerhin drei Gedichte und ein Prosatext vertreten. Die Gedichte sind Gymnasiastenlyrik; die Geschichte ist etwas wirr, offenbart aber überraschende Einblicke in weibliches Denken. Die fast ausschließlich auf eine Seite beschränkten Comics kommen da überwiegend besser auf den Punkt. Wie auch immer - den Herausgebern ist zu wünschen, daß sie künftig aus guten Einsendungen auswählen können. aa
 
b 5 # 1. 32 Seiten, s/w mit farbigem Umschlag, DIN A5, kostenlos. Comics für Göttingen e. V., Postfach 1529, 37005 Göttingen.
 
Wenn das so weitergeht, weiß bald zumindest jeder Kneipengänger, daß in Deutschland gute Comics ge-macht werden. Jetzt haben auch einige Leute in Göttingen (der Comics für Göttingen e. V.) ein solches Magazin auf die Beine gestellt und legen 5000 Stück in Cafes und Kneipen aus. Der Göttinger Dirk Tonn ist drin in der ersten Ausgabe, Jo 84 und Heike Anacker. Viele andere Zeichner sind leider nicht so genau zu identifizieren. Der Name des Magazins hat nichts zu bedeuten (kein Ableger der Edition B-17), und man kann mit dem Heft auch „kein Bier aufmachen“. Trotzdem: Ein guter Start. aa
 
Promeile # 2. 60 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbookformat. 8,80 Mark. # 3. 40 Seiten s/w mit Farbcover, Comicbookformat, 6 Mark. Emugraphics c/o Melitta Pallmert, Am Pleidenturm 13, 97070 Würzburg.
 
Comic als Kunst - Kunst als Comic. Ein Magazin mit sehr anspruchsvollem Ansatz, wenn auch grafisch noch nicht immer ganz ausgereift. Trotzdem empfehlenswert. hg
 
Hirngespenster # 2. 52 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbookformat, 10 Mark plus Porto. Ralf Leismann, Am Fischerhof 2, 59368 Werne.
 
Comics und Kurzgeschichten zu einem bestimmten Thema präsentiert Ralf Leismann in dieser Reihe. Während das Thema der ersten Ausgabe „Faschismus“ lautete, heißt es diesmal „Welch ein Tag!“, was natürlich in alle möglichen Richtungen ausgelegt werden kann, und so kommt auch eine recht bunte, aber immer interessante Mischung zustande. Bei den Comics dürfte allerdings al-ten Fanzine-Hasen das eine oder andere bekannt vor-kommen. Daß die Geschichte „Eis“ von Lorenz Migsch, die vor ein paar Jahren in drei oder vier Fanzines gleichzeitig zu lesen war, hier nun noch einmal wiedergekäut wird, ist fast zuviel des Guten. hg
 
Ilse Kilic: Vom kleinen Esli und wie es in die Welt kam. Erster Teil. 44 Seiten s/w mit gelbem Umschlag, DIN A5. Das fröhliche Wohnzimmer, Fuhrmannsgasse 1a/7, A-1080 Wien.
 
Dies ist eine kurzgefaßte Lebensgeschichte. Die Titelheldin verliert früh ihre Mutter; ihr Vater ist mit der Erziehung überfordert; Verwandte schalten sich zu spät ein, um Esli noch „auf die rechte Bahn“ zu führen. Diese Wer-tung kommt in dem Comic aber nicht vor. Am Ende bricht die sehr distanziert erzählte Geschichte abrupt ab. Esli lebt nun in einer progressiven Wohngemeinschaft. Ob sie funktioniert oder nicht und ob sich die Heldin da wohlfühlt, bleibt offen. Vielleicht wird das im angekündigten zweiten Teil der Geschichte vertieft. Der offenbar autobiografische Comic behandelt sein Thema sehr überzeugend und ohne Sozialkitsch. Die Form ist äußerst streng: Zwei stets gleich große Bilder pro Seite mit kurzer Bildunterschrift. Die Zeichnungen sind mit einem Computerprogramm gekritzelt, was Ilse Kilic den Einsatz von Rastern erlaubt, ohne Folien schneiden und kleben zu müssen. Mehr noch ermöglicht der umständliche Zeichenstil eine dem Text vergleichbare Lakonie. Wie weit man mit solch formaler Konsequenz kommen kann, das lohnt sich durchaus anzusehen. aa
 
Menschenblut # 22/23. 72 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbookformat, 14,80 Mark. Eisenfresser Comix, Postfach 1141, 36094 Petersberg.
 
Wieder eine satte Doppelnummer von den deutschen Meistern  des Comic-Horrors. Immerhin vier Stories und damit fast die Hälfte des Hefts stammen diesmal von Texter Bernd Frenz, kongenial umgesetzt von Geier, BiMi, Kim Schmidt und - erstmals in MB - Oliver Ferreira. Aber auch die Stories von Mille und Robius/St. Atze lassen nichts zu wünschen übrig. Einzig der zweite Newcomer, Oisi Boff, fällt mit seiner „Lara, Herrin der Ratten“ sowohl inhaltlich als auch zeichnerisch gegenüber dem Rest deutlich ab. Alles in allem wieder ein Muß für jede gediegene Comicsammlung. hg
 
Koma Comix # 8 bis 10. 40 bis 56 Seiten, s/w, DIN A5, je 2,50 Mark. Weißblech Comics, An der Landstraße 5, 23758 Kükelühn.
 
Koma hat etwas von der „Eis am Stiel“-Kinoserie, nicht nur der endlosen Wiederholung eines Themas wegen, es ist eigentlich auch dasselbe Thema. Wobei die Ak-zente freilich unterschiedlich gesetzt sind: Bei den Israelis geht’s darum, Frauen abzuschleppen und erst in zweiter Linie um Alkohol und Feten. Bei Koma Comix ist das genau umgekehrt. Frauen stören ja nur beim Saufen. In der Zweitstory (ganz alter Begriff aus seligen Marvel-Zeiten) „Alcoholic“ wird das Thema ein wenig sublimiert. Zehn Hefte lang das Gleiche - das heischt Respekt. Denn wenn auch die Zeichnungen nicht 1 A und das Lettering ein wenig krakelig sind, liest sich das Ganze immer wieder ganz gut. Das muß an der Authentizität liegen. Das ist wohl alles wirklich passiert, und die Typen, die uns begegnen, gibt’s tatsächlich. Und das kommt auch rüber. Trotzdem: Koma Comix sind nichts für Comic-Ästheten und wollen es auch gar nicht sein. aa
 
Hunt # 7. 72 Seiten, s/w mit zweifarbigem Umschlag, Comicbookformat, 4 Mark. James Hunt, Im langen Loh 66, 4123 Allschwil (Schweiz).
 
Ein paar Highlights aus der jüngsten Ausgabe: Diodenlämpchen in 76 Worten erklärt; Tips für Zeitungsverkäufer; Schmähschrift auf Thomas Ott; ist Hunt sexistisch?; Koten nach Noten; DJ-Sterben und Milchgetränketest im Lehrplan. In der Heftmitte befindet sich eine 24seitige Kurzgeschichten- und Gedichtsammlung, in der der Hunt-typische systematische Blödsinn Pause macht. aa
 
Haarig! # 1 bis 15. Meist 8 Seiten, s/w, DIN A5. Studio Alpenkönig und Studio Plüsch, Olaf Bathke, Festungsstraße 4, 25832 Tönning.
 
Anfang des Jahres sandte Herod einen kurzen Comic an Olaf Bathke. Darin ließ er einige seiner Figuren um Captain Netherlands auf die Helden aus „Reisende in Plüsch“ treffen. Das Angebot, die Geschichte weiterzuspinnen, war Olaf hochwillkommen, und dann gingen neue Episoden einige Wochen lang hin und her. Erst nach der 15. Folge meinten die beiden, daß die Luft nun allmählich raus sei. Bis dahin wird einiges an Action und Nonsense geboten. Daß zwei sehr unterschiedliche Comicuniversen aufeinanderprallen, führt mitunter dazu, daß Indianer mit Pfeil und Bogen gegen High-Tech-Science-Fiction-Helden kämpfen. Im Eifer des Gefechts wird auch schon mal ein Handlungsstrang aus den Augen verloren und bei der nächsten unpassenden Gelegenheit wieder aufgenommen. Das Ganze ist sicher witziger als Marvel gegen DC (leider konnte ich nur sechs Ausgaben selbst in Augenschein nehmen), verlangt aber an sich nach einer Gesamtausgabe, auch wenn die weit über 100 Seiten umfassen dürfte. aa
 
Der Comic-Herold # 1. 28 Seiten, s/w, DIN A 5, 2,50 Mark. J. Heinrich Heikamp, Postfach 1206, 41565 Rommerskirchen.
 
Dem Thema „Superhelden“ haben sich die Herausgeber dieses neuen Fanzines verschrieben, und so nimmt auch den größten Teil dieser Ausgabe (15 Seiten) eine vor Jahren schon in PLOP abgedruckte Superheldenstory von Andreas Alt ein. Auch „Superstreikposten“ von Olaf Bathke war bereits in PLOP zu bewundern, und ob „Der silberne Adler“ von J. Heinrich Heikamp und Damir Ha-midovic ein Erstabdruck ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Den Rest des Hefts bestreiten ein Zeichnerporträt (Uwe Rebner), Rezensionen und die Vorstellung eines neuen, von Herausgeber Heikamp konzipierten Superhelden namens „Windkönig“. Alles in allem ein sauber gemachtes Heft mit einem interessanten inhaltlichen Ansatz; und wenn es gelingt, für die weiteren Ausgaben mehr unveröffentlichtes Material zusammenzubekommen, sicher eine Bereicherung der deutschen Fanzine-Landschaft. hg
 
Moga Mobo # 10. 28 Seiten, s/w mit verschenktem Farbcover, DIN A4, kostenlos in Stuttgart. bostel productions c/o Sven Abel, Am Römerkastell 19, 70376 Stuttgart.
 
In dieser kleinen Jubiläumsausgabe dreht sich (fast) alles um Schnitzel. Die meisten Mitarbeiter wie Haimo Kinzler, Titus, Haggi und Sven Abel dachten  dabei an einen handfesten Schweinebraten. Selbst die Umrisse der Bastelbogen-Insel in der Heftmitte von Jonas erinnern deutlich an ein Schnitzel. Hintergrund ist aber ein Gewinnspiel, bei dem an neun Orten in Stuttgart neun Schnitzel gesammelt und zu einem Bild zusammengesetzt werden sollen. Ferner stellt Stefan Dinter einen Co-miczeichner vor, „der hinter der scheinbar niedlichen, Peyo-inspirierten Fassade seiner Comics eine ganz eigene, schräge Welt und Weltsicht aufgebaut hat“. Das ist kein anderer als PLOP-Rezensent und -Mit-arbeiter Hartmut Klotzbücher. An Auswärtige wird Moga Mobo übrigens nicht mehr kostenlos abgegeben, es sei denn, man läuft einem aus der Moga Mobo-Crew über den Weg, der zufällig ein paar Exemplare dabei hat. Wer sich ansonsten für das Magazin interessiert (was kein Fehler ist), erhält für 8 Mark zweimal im Jahr die zu-letzt erschienenen drei Aus-gaben; ein normales Jahresabo (sechs Ausgaben) kostet 30 Mark. aa
 
Stefan, Mathias und Jan Dinter: Knurf - Held der grünen Hölle. 36 Seiten, s/w mit Farbcover, täuschend echtes US-Comicbookformat, 8 Mark. Zwerchfell Verlag, Christian Heesch, Tonndorfer Strand 57, 22045 Hamburg.
 
Es passiert nur alle paar Jahre, daß noch ein Comic erscheint, über den man wirklich lachen kann - und mehr noch, der einen ins Träumen versetzt wie früher. Die Comicheftgenerationen kennen das Gefühl bestimmt noch: Man hat zum ersten Mal eine Comiczeitschrift in Händen, die man nicht kennt. Sie wimmelt von bereits angefangenen Geschichten, von „Fortsetzung folgt“ und von kaufermunternden Werbeartikeln über weitere Verlagsprodukte. Ob es nun die erste Fortsetzung von Luc Orient in Zack war, die Fix-und-Foxi-Serien oder der erste Kontakt mit dem Marvel-Universum, plötzlich setzen sich in unserem Comicfanhirn irgendwelche Zahnräder in Gang, und eine Welt entsteht. Eine Welt, die wir noch nicht kennen, die wir aber gleichwohl zu erahnen glauben. Klar konnten wir uns vorstellen, welche Abenteuer Prinz Edelhart schon erlebt haben mußte und wie es sein müßte, eine ganze Story davon zu lesen. Und wie oft haben wir uns nach den verschlossenen Welten gesehnt, die sich hinter Werbung für noch nicht erschienene Alben oder Zusammenfassungen anderer Titel verbargen, die man sich aber in jungen Jahren in den wenigsten Fällen leisten konnte. Oft waren diese Ahnungen schöner und origineller als das, was man später vorfand. Knurf wirft uns genau in diese Situation zurück. Plötzlich spürt man wieder den Schulranzen auf dem Rücken, das Zwerchfell-Universum entsteht vor unseren Augen. Eine merkwürdige Mischung aus wahllosen Titeln (Funny Animals, Dschungelhelden, Geisterjäger, Ritter, Superhelden und Undefinierbares), präsentiert von einem guten Onkel mit Halbglatze, der eine Kreuzung aus Rolf Kauka und Norbert Hethke sein könnte. Dennoch sollen nach der Leserbriefseite alle diese Titel in ein Universum sortierbar sein, wie bei Marvel. Und es soll sogar Trickfilme davon geben. Boh! Die 400. Nummer schon, und wo waren wir? Wo haben wir gesessen, als diese grandiose Serie anlief? Da regt sich der alte Sammlertrieb. Man möchte die Flohmärkte durchkämmen nach allen Nummern dieser erstaunlichen Serie. Man möchte dieses Universum erforschen, so wie wir das frankobelgische Universum und das Superheldenuniversum erkundet haben. Aber ach - vergebens! Knurf (von den Dinterbrüdern) ist eine Parodie in erster Linie auf die alten Dschungelhelden à la Akim oder Tibor, aber eben doch mehr. Was die Story noch besser macht als ihre Vorgänger wie Bolf, ist die größere Geschmackssicherheit. So ätzend die Gags diesmal auch sein mögen (und speziell die Franzosen kriegen ihr Fett weg - dank Chiracq), die Hauptfigur hat ein Herzchen bekommen, und das Ganze hat bei aller Absurdität jene kultbildende Kraft der wirklichen Serien. Ja! Man möchte Knurf sein, möchte in diesem Flugzeugwrack hausen, von einer Nilpferdfamilie großgezogen worden sein... ständig Kaffeee schlürfen und Zigaretten paffen (wo zum %&§$ hat er die her, mitten im Dschungel?), möchte diese gnadenvolle Einfalt wiedergewinnen, die Knurf zum Helden macht! Die Zeichnungen sind funnymäßig gelungen und quellen über von altbekannter Absurdität in Nebengags und wechselnden Details. Ob auf dem französischen Reaktor „Tupperware“ steht oder ob die Franzosen Holzschuhe mit der Aufschrift „Herr Antje“ tragen, man muß meistens zweimal hinsehen - das erhöht den Genuß. Die Inhaltsgags sind nicht minder genial: ob man auf die „Nonnenkarawane“ warten muß, bevor man einen Dschungelpfad überqueren kann oder eine sechsarmige Stewardess als Göttin erscheint, die Stimmung stimmt, und der Leser ist der wahre Sieger bei Knurf. Blubb! Make mine Knurf! Herod
 
Zebra Sammelband (Zebra # 1 bis 3). 156 Seiten, s/w, DIN A4, 10 Mark. Zebra c/o Georg K. Berres, Giselherstraße 19, 50739 Köln.
 
„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, wie wir ja alle wissen - aber manchmal bekommen auch die zu spät Gekommenen noch eine Chance: zum Beispiel, wenn die Herausgeber von Zebra, einem der anspruchsvollsten deutschen Comicmagazine, die längst vergriffenen ersten drei Ausgaben  ihres Magazins als fetten Sammelband komplett nachdrucken und zum Dumpingpreis auf den Markt werfen. Wer jetzt nicht zugreift, dem ist nicht mehr zu helfen. hg
 
Ilsemann # 1/1996. 36 Seiten, s/w mit Farbcover, Comicbookformat, kostenlos in Hannover. Karicartoon Verlag, Fös-sestraße 12, 30451 Hannover.
 
„Noch höhere Auflage - noch mehr Fehler - geil ey!“ hat mir Verleger Manfred Ilsemann an den Heftrand gekritzelt. Die Auflage liegt jetzt bei 10 000 Stück, die Fehler sind zu vernachlässigen, finde ich. Das Magazin konzentriert sich weiter auf Funnies (was gerade für das Laufpublikum völlig okay ist), und gut sind sie meistens auch. Besonders aufgefallen ist mir Boris, der deutlich Walter Moers nacheifert. aa
 
Jim # 1 bis 3. 24 bis 28 Seiten, s/w mit farbigem Umschlag, Piccoloformat. Spaceboy c/o Frank Schmolke, Hohenzollernstraße 111, 80796 München.
 
Es gibt ja Leute, die jeden Piccolo in ihrer Sammlung haben müssen. Von „Jim“ werden die meisten von ihnen wohl nie hören (offenbar nur 49 Stück Auflage), aber damit entgeht ihnen etwas! Ungewöhnlich an diesen Bänden ist nicht nur ihre äußere Form - dickes Kunstdruckpapier und ab der zweiten Folge statt Heftklammern ein graues Gummiband, das die Seiten zusammenhält -, sondern auch der Inhalt. Frank Schmolke stellt in kurzen Szenen sieben Typen vor, die Flummi-Ute, S/M-Annette, Molli-Olli oder einfach das große Arschloch heißen. Eine bemerkenswerte Galerie der Misanthropie, grafisch dicht und überzeugend gestaltet. Nach welchen Kriterien Frank Schmolke die Piccolos verteilt, ist nicht bekannt, aber ich empfehle: Zugreifen! aa
 
M/S Sweden Titanic. 28 Seiten, s/w mit vierfarbigem Umschlag, Comicbookformat. Serietecknar Skolan, Edskevägen 18, 81330 Hofors, Schweden.
 
Das professionell gedruckte Heft enthält vier Arbeiten aus der schwedischen Comicschule, über die mir Schulleiter Mattias Gordon inzwischen einiges mitgeteilt hat. Die Schule, die erste ihrer Art in Schweden, besteht seit 1993 und hatte bisher rund 50 Schüler. In diesem Jahr sind es 18. Bewerber müssen eine Mappe einsenden und werden zu einem Gespräch eingeladen. Einige kommen von der Oberschule, andere werden von der Arbeitsvermittlung geschickt. Mattias Gordon ist freier Grafiker und hat unter anderem an den Zeichentricksequenzen des Werner-Films mitgewirkt. Etwa 50 Prozent seiner Arbeitszeit stecken inzwischen in der Schule. Neben ihm gibt es einen Vollzeit-Lehrer und etliche Gastdozenten, skandinavische Comiczeichner, darunter Max Andersson („Pixy“) und Peter Madsen („Valhalla“). In Kürze wird der Brite David Lloyd („V for Vendetta“) in Hofors einen Kurs abhalten. Wenn ich richtig verstanden habe, dauert die Ausbildung ein Jahr, wobei es im ersten Halbjahr um technische Grundlagen (des Erzählens und des Gestaltens) geht und im zweiten um größere Projekte, die möglichst in Veröffentlichungen münden sollen. Das vorliegende Heft ist ein Beispiel dafür. Es entstand im Auftrag des Roten Kreuzes, weist aber offenbar keine inhaltlichen Beschränkungen auf. Gemeinsam ist den Comics nur, daß jeder von einem Team (Texter, Zeichner, Inker) hergestellt wurde. aa
 
Blackweiß # 4. 28 Seiten, s/w, DIN A5, 2 Mark. Muh-Imperium, Postfach 1707, 96307 Kronach.
 
Wie die Stadtmagazine scheint Blackweiß in der Stadt verankert zu sein, in der es hergestellt wird. Aber trotz Anzeigen wird in diesem Fall dem Leser Geld abgeknöpft. Deshalb muß die Redaktion auch Leserbriefe wie diesen in Kauf nehmen: „Ich konnte bei keinem einzigen Comic auch nur annähernd grinsen. Und dafür auch noch zwei Mark ausgeben - nee.“ Fünf andere Briefe in der „Sprechstunde“ lesen sich jedoch positiv. Die Auflage wird mit 300 Stück angegeben. Herausragend in Blackweiß ist der Beitrag des Herausgebers Claus Schmidt, der seinen Helden auf dem Rand eines Aschenbechers skaten läßt. Lobenswert außerdem: Claus startet in dieser Ausgabe einen Zeichenkurs. Aa
 
Anja & Joy: Allerlei Merkwürdigkeiten. 32 Seiten, davon zwei vierfarbig, der Rest s/w, DIN A5, 2,50 Mark. Anja Kocker und Thorsten Schmidt, Hauptstraße 16, 32457 Porta Westfalica.
 
Ich habe ein wenig ein schlechtes Gewissen, weil ich letztes Mal über drei neue Fanzines von Anja & Joy ziemlich flüchtig hinweggegangen bin. Das lag nicht daran, daß dazu nichts zu sagen gewe-sen wäre, und ich hoffe, es ist nicht so aufgefaßt worden. Nun will ich die Scharte auswetzen, denn Anja & Joy sind rastlos weiter tätig gewesen und haben bereits einen neuen Band fertig. Darin widmen sie sich schwerpunktmäßig der ganz kleinen Form. Neben Comics aus nur einer Handvoll Panels dominieren Einzelbilder, die in Kombination mit einer kurzen Bildunterschrift skurrile Szenen erge-ben. Die Bilder könnten der überregionalen Zeitung entlehnt sein, welche die Grundierung jeder Seite abgibt. Sie werden aus ihrem Kontext gelöst und in einen neuen gestellt, und diese fiktive Geschichte wird dann wieder zu einer kurzen Bemerkung verdichtet. Ein Fall von souveränem Umgang mit der täglichen In-formationsflut - vielleicht am Ende ein Fall für Medienwissenschaftler.                                                                                        aa
 
Sigi Sparbier, der pfiffige Aushilfsbriefträger # 2. 36 Seiten, s/w mit vierfarbigem Umschlag, Piccoloformat. Comic Archiv Jürgen Metzger, Hamburger Straße 146, 90766 Fürth.
 
Diesen Hinweis muß ich leider aus der Lameng schreiben, da ich mein Exemplar an anderem Ort liegengelassen habe (ja, ja - ich hoffe, die biografischen Angaben sind korrekt). Jedenfalls hat sich Sigi im Vergleich zur Startausgabe mächtig gesteigert. Obwohl auch die zweite Folge allein aus der Feder von Hartmut Klotzbücher stammt, hat die Serie jetzt etwas von einem Jam-Comic. Sigi erlebt nicht mehr Abenteuer, sondern lustige Episoden, die wie bei einem Jam-Comic aus dem Augenblick geboren zu sein scheinen. In der Form kann aus der Reihe noch etwas werden, denn wem könnte Sigi nicht alles Post zustellen. Daß er im zweiten Band übrigens auch bei einem gewissen bärtigen Typ mit Brille vorbeikommt, der sich gerade als Modeschöpfer (!) betätigt, hat auf mein Urteil keinen Einfluß gehabt. aa
 
Vier britische Comicmagazine
 
Von London-Korrespondent Andy
 
Vier Magazine sollen hier vorgestellt werden, die sich kri-tisch mit Comics auseinandersetzen. Fans des Mainstream bedient das auflagenstarke Comics International. Hier werden Endloslisten von Super-heldenserien abgedruckt, aber auch einige Seiten für ausgefallenere Bereiche bereitgestellt. Dazu zählen die Leserbriefe, eine Kommentarspalte und kurze Besprechungen von Independents, darunter auch Fantagraphics, Slave Labor und andere. Die kurios kleinen Selbstverlagsprojekte finden sich unter der Rubrik „Small Press“. Für Kontinentaleuropäer sind zwei andere Magazine von vielleicht größerem Interesse. Zum einen Zum. Klingt ein bißchen verwirrend für deutsche Leser, aber Zum wird „Samm“ ausgesprochen wie in „Sammlung“. Das paßt sogar, denn es ist eine Riesensammlung von Kurzbesprechungen. Aber nicht bloß eine Seite Small Press Comics wie in CI, sondern ausschließlich - von vorne bis hinten. Was Zum so unentbehrlich macht, ist die kritische Haltung: Was nicht überzeugt, wird gnadenlos in die Pfanne gehauen. Und das wichtigste: Fast jede Besprechung ist begleitet von einer kompletten Comicseite (verkleinert). Wer also keinen Bock auf Kritikergelaber hat, kann stattdessen bloß die kleinen Comicseiten durchlesen. Es gibt keine bessere Methode, sich mit dem britischen Underground vertraut zu machen. Zum erscheint nicht allzu oft, aber dafür ist es ein dicker Brocken, an dem man lange zu lesen, beziehungsweise zu gucken hat. Ein noch recht neues Magazin hat ebenfalls einen irreführenden Titel: Vicious. Das bedeutet eigentlich „bösartig“, aber dieses sympathische Heft ist alles andere. Es ist vor allem ein Podium, auf dem Leser untereinander kommunizieren können. Jeder kann so viel mitreden, wie er will, und seltsamerweise ist es selten langweilig. Man muß natürlich ganz gut Englisch können und ein gewisses Interesse auch für Nicht-Frankobelgier mitbringen. Aber der Enthusiasmus im Schreibstil kann das ja erwecken. Und die im März erschienene Ausgabe eröffnet sogar mit dem Aufsatz „In Defense of Herge“. Für Unersättliche gibt es ein weiteres Magazin namens Bypass. Wie in „Zum“ sind es ausschließlich kurze Small Press-Besprechungen (über 500), aber nicht nur Comics, sondern auch Sci-Fi, Spezialkram oder eben auch Comics. Von Layout und Aufmachung her ist es am professionellsten, aber vielleicht doch mehr für Leute mit Lust auf Skurriles. Zu beziehen ist das alles über mein Postfach: Andy, PO Box 8892, London SW 15 (Großbritannien). Zum kostet 6 Mark, Vicious 5 Mark und Bypass 4 Mark. Zahlbar in deutschen Briefmarken (am liebsten mit hübschen Motiven) oder in bar.
 
Moses / Jehrum / Der Bub: Die Abenteuer vom Lieben Gott. Ca. 150 Seiten, s/w mit Farbcover, Paperback. 16,80 Mark, Lappan Verlag Oldenburg. ISBN 3-89082-597-4.
 
Über dieses Buch muß nicht viel gesagt werden. Es ent-hält Haggis Bibelgeschichten aus Au weia und PLOP. Die letzte Episode ist in dieser Ausgabe enthalten. Haggi ist im ersten Buch Moses bis zum 20. Kapitel vorgedrungen, fehlen also nur noch die restlichen 30 Kapitel, die übrigen Pentateuch-Bücher, die Bücher der frühen Propheten und die folgenden Bücher des Alten Testaments und natürlich schließlich das Neue Testament. Da bleibt ja noch einiges zu rezensieren. Spannender hätte ich gefunden, wie Haggi das Buch bei Lappan untergebracht hat. Aber er meinte, da gäbe es nicht viel zu erzählen; das ist wohl relativ reibungslos gelaufen. Probleme gibt es eher, den Band in den Buchhandlungen unterzubringen, wie ich hörte. VielIeicht sind die Buchhändler nach den Umtrieben des Staatsanwalts Hönninger vorsichtig geworden. Immerhin wird in Haggis Buch durchaus die eine oder andere unsittliche Handlung vorgenommen; in alttestamentarischen Zeiten war man da nicht so zimperlich. aa
 
Rraah! # 35. 6,90 Mark, Verlag Sackmann und Hörndl GbR, Eppendorfer Weg 67, 20259 Hamburg.
 
In der Erlangen-Ausgabe des Comic-Fachmagazins werden die Vorgeschichte des Internationalen Comic-Salons und die anderer europäischer Comicmessen be-leuchtet. Es finden sich nähere Informationen zu den Nachrichten der jüngsten Zeit: der groteske Feldzug der Meininger Staatsanwaltschaft gegen Comics unter anderem von Ralf König und die Ankündigung eines zweiten Comic-Preiskatalogs neben dem von Peter Skodzik und Hethke. Erfreulich viel Raum wird diesmal deutschen - oder besser deutschsprachigen - Comiczeichnern eingeräumt: ein Kurzporträt von Thomas Ott, eine Übersicht über deutsche Zeichner in „Schwermetall“ und eine ausführliche Würdigung von Michael Götze, einem einzigartigen Grenzgänger zwischen Profitum (führt jeden Auftrag aus) und eigenbrötlerischem Fandom (hat seine Ideen in einer Unzahl von Fanzines umgesetzt, deren bekanntestes „Voltfeder“ war). Stets in Rraah! eine erläuterte Liste der Neuerscheinungen der kommenden Monate, darunter auch die vom Zwerchfell Verlag und der Sprühenden Phantasie. aa