(Plop Online Comics, hier klicken)  
Anmerkung: Das da unten sind alte Comic-Besprechungen die im Comic Fanzine 'Plop' erschienen. Die meisten sind von Andreas Alt ('aa') verfasst. Natürlich sind die Angaben nicht mehr gütig, Hefte vergriffen, Zeichner umgezogen, Währung geändert etc. Aber für den einen oder anderen vielleicht ganz interessant hier zu schmökern...

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Plop 74
Besprechungen




Heike Anacker: Songbook. 36 Seiten, s/w mit gelbem Umschlag, DIN A 6. Heike Anacker, Rheydter Straße 100, 41065 Mönchengladbach
 
Seit sie sich von PLOP zurückgezogen hat, hat Heike Anacker immer wieder Fanzines herausgegeben, alle im Postkartenformat, als ob sie signalisieren wollte, daß ihr die Sache jetzt wirklich nicht mehr so wichtig sei. Aber immerhin hat sie, wenn die beigefügte Backlist vollständig ist, seit 1987 immerhin acht Magazine herausgebracht. „Ein- oder zweimal im Jahr“, gesteht sie selbst, „packt mich der Schaffensdrang, und ich bringe einige wenige Dinge zu Papier. Mit Besessenheit und Herzblut.“ Das „Songbook“ hat allerdings mit PLOP nur noch sehr wenig zu tun. Auch in ihren anderen Fanzines ist sie darauf verfallen, nur noch eigenes Material zu veröffentlichen. Aber hier handelt es sich nicht mehr um Comics. Es sind Gedichte, die wie Songtexte wirken. Die beigefügten Illustrationen, die von Plattencovern unter anderem von Ani DiFranco, Patti Smith, Yo La Tengo, den Go-Betweens oder Chumbawamba stammen, sollen wohl suggerieren, hier seien nur die Texte von Songs dieser Künstler und Bands zusammengetragen worden. Bei genauerem Lesen merkt man dann, daß Heike ihre eigene Autorenschaft ein wenig zu maskieren versucht. Im Kern geht es um eine Ex-Freundin, die zu einem Mann übergelaufen ist, was Heike nur schwer verarbeiten kann. Das hat offenbar einen kreativen Schub bei ihr ausgelöst, wobei sie viele Aspekte ihres Lebens und ihrer Beziehungen zu anderen einer kritischen Prüfung unterzieht. Ich bin kein guter Lyrik-Interpret, würde aber mal sagen, daß die Texte allesamt kraftvoll sind und sich auf hohem poetischem Niveau bewegen. Im Gegensatz zu Joni Mitchell in ihrem Album „Blue“ gibt Heike nicht zu viel von sich selbst preis. Das Heft hat aber auf jeden Fall einen starken Eindruck hinterlassen. -aa
 
Don Quijote trifft - . 20 Seiten, s/w mit gelbem Umschlag, DIN A 6. Heike Anacker, Rheydter Straße 100, 41065 Mönchengladbach
 
Diesen Comic hat mir Heike beim Comic Salon 2004 bereits gezeigt. Ich weiß nicht mehr, was ich damals zu dem Werk gesagt habe und setze deshalb hier nochmal neu an. Don Quijote, der „Ritter von der traurigen Gestalt“, trifft eine vorlaute Göre und diskutiert mit ihr über den Sinn des Lebens. Gelingt es nur, wenn man – im Gegensatz zu dem Ritter – möglichst viel richtig macht, oder soll man einfach jeden einzelnen Augenblick leben? Der Comic ist Teil eines deutsch-russischen Kunstprojekts, bei dem sich 2004 in Neuss 23 Zeichner über Don Quijote Gedanken machten. Leider hat man hier nur den Beitrag von Heike vor sich und entbehrt der Vielfalt der grafischen Lösungen der anderen Teilnehmer. Außerdem bin ich nicht sicher, ob nicht Heike die Aussage des Cervantes-Romans mißverstanden hat, der sich doch nur über alle Ideale, insbesondere die unzeitgemäß gewordenen Ideale des Ritterstandes seiner Zeit, lustig machen wollte. Trotz des eher verbissen-philosophischen Disputs ist ihr aber insgesamt doch ein lustig-lockerer Comic gelungen, der an die Zeiten erinnert, als es bei ihr noch nicht schwerpunktmäßig um sexuelle Orientierungen ging. Die Göre, die den Ritter kurzerhand für verrückt erklärt, und Don Quijote, der darauf besteht, so akzeptiert zu werden, wie er ist, kommen dabei beide zu ihrem Recht.
 
Hammerharte Horror Schocker # 5 und 6 (Frühjahr/Sommer 2005). Je 32 Seiten, farbig, Comicbookformat, 3,90 Euro. Weißblech Comics, Levin Kurio, Am Hang 9, 24223 Raisdorf. www.weissblechcomics.com
 
Leser Hagen ist zuzustimmen: „Die Teile werden immer besser.“ Die „Horror Schocker“ müssen sich inzwischen am Kiosk vor keiner anderen Publikation verstecken, schon gar nicht vor dem direkten Konkurrenten „Gespenster-Geschichten“. Der durchschnittliche Kioskkunde dürfte zwar eher nicht bemerken, daß Levin Kurio fast ausschließlich deutsche Zeichner am Start hat, und zwar richtig gute wie in diesen beiden Ausgaben Carsten Dörr und Eckart Breitschuh. Aber in den Beiträgen ist nirgendwo mehr etwas vom ungut Amateurhaften zu bemerken (zur Erinnerung: Die Ursprünge von Levin Kurio liegen in Underground-Heftchen, die man wohl am besten mit dem Begriff „Bierzeitung“ charakterisiert). Um nicht mißverstanden zu werden: Die hatten auch ihren Charme und sind hier reichlich besprochen worden. Aber Weißblech ist jetzt eben einen wichtigen Schritt weiter. Wo das Artwork nicht überragend ist, und das gilt hauptsächlich für Levins eigene Beiträge, wenngleich er sich erkennbar Mühe gibt, da reißt die Sache doch zumindest die Colorierung heraus. Die ist hervorragend und stammt offenbar überwiegend ebenfalls von Levin Kurio. Die Stories – und die sind vor allem für jüngere Leser immer noch das Entscheidende – reichen bisher noch selten an das Raffinement der EC-Klassiker oder von Warren („Eerie“, „Creepy“) oder DC („The House of Mystery“) heran. Die aktuelle Alternative im Regal „Gespenster-Geschichten“ toppen sie aber allemal. Meist folgt die Handlungsstruktur dem bekannten Muster „Wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein“; meist wird damit Geldgier oder besondere Rücksichtslosigkeit bestraft. Aber die beängstigende Atmosphäre stimmt dann in der Regel doch, etwa wenn wir einen Seemann beim Ertrinken beobachten („Der Kuß der Meerjungfrau“) oder ein Landsknecht seine dunklen Pläne schmiedet, wie er einem Bauern dessen Vermögen und Vieh abnehmen kann („Fressen und gefressen werden“). Um noch einmal Leser Hagen zuzustimmen: „Bin schon gespannt auf die nächste Nummer.“
 
Bella Star # 3. Tod in der Arena. 36 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbook-format, 3,90 Euro. Weißblech Comics, Levin Kurio, Am Hang 9, 24223 Raisdorf
 
Dies ist der Abschluß einer dreibändigen Miniserie, die es insgesamt auf immerhin rund 80 Seiten gebracht hat. Wir haben es hier mit einer Science Fiction-/Fantasy-Mixtur nach Art von „Star Wars“ zu tun. Beim Titel „Tod in der Arena“ denkt man jedoch zuerst an die „Fantastic Four“ und ihre seltsamen Erlebnisse in einer Chicago-Gangster-Parallelwelt (um Band 80). Hinzu kommt, daß Inker Roman Turowski die Zeichnungen von Levin Kurio wie direkt aus dem Studio von Greg Irons aussehen läßt. Ich rede hier vor allem von der Grafik und weniger von der Story, die bei dieser verrückten Mixtur doch nicht ganz mithalten kann. Immerhin handelt es sich um ein solides intergalaktisches Abenteuer, bei dem die barbusige Titelheldin immer wieder in unangenehme Situationen und zwischen feindliche Fronten gerät. Am Ende kommen sie und ihre Begleiter zwar aus dem ganzen Schlamassel mit heiler Haut heraus, können sich aber in keiner zivilisierten Gegend des Alls mehr blicken lassen. Nachdem die Leser laut Vorwort nur allmählich auf den Geschmack gekommen sind, sind jetzt weitere Bella-Stories in Vorbereitung.
 
Weißblechs weltbeste Comics # 15 (Juli 2005). Kala, Königin der Steinzeit. 32 Seiten, farbig, Comicbookformat, 3,90 Euro. Weißblech Comics, Levin Kurio, Am Hang 9, 24223 Raisdorf.
 
Kala, die Amazone, die auf einem offenbar zahmen fleischfressenden Dinosaurier reitet, hat nun nicht nur ein eigenes Heft bekommen, sondern darf ihre Abenteuer auch erstmals in Farbe erleben. Dazwischen hat auch noch eine siebenseitige „Dämonika“-Story von Peter Schaaff Platz, die Nico Simon coloriert hat. Außerdem wirkte bei einer Story Wittek als Inker mit. Wenn ich an frühere Auftritte von Kala denke, wirken ihre Abenteuer hier deutlich weniger hanebüchen, und die Pointen sind beinahe geistreich. Der Herausgeber reagiert gar am Ende auf einen Lesereinwand, Menschen und Dinosaurier hätten gar nicht zur selben Zeit gelebt, mit dem Hinweis, nach der Bibel sei das sehr wohl möglich gewesen. Das muß man erst mal wissen. Aber natürlich dominiert auch in diesem Heft der Weißblech-Trash-Charme.
 
Underdog # 11 und 12 (Frühjahr/Sommer 2005). Je 72 Seiten, s/w mit gelbem Umschlag, DIN A 5, 2,50 Euro. Mit beigelegter „Kulturschock“-CD. Fred Spenner, Narzissenweg 21, 27793 Wildeshausen. www.underdogfanzine.de
 
Schon mehrfach vorgestellt, halten auch die beiden neuesten Ausgaben des „autonomen Zentralorgans Wildeshausen“ das bisher hohe Niveau. Neben der regelmäßig beigelegten CD mit „60 Minuten Kulturschock“ – nämlich Punkrock – überzeugt an diesem Fanzine seine breite Vielfalt. Natürlich dominieren Bandinterviews und Plattenbesprechungen. Aber daneben reicht die Palette von der hochpolitischen Betrachtung rechter Burschenschaften und dem deutschen Terrorismus des Jahres 1977 bis hin zu Gags wie einem Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel für Arbeitslose und einem Psychotest für Behinderte. Und, sicher gefördert durch den Kontakt zu PLOP, immer mehr Comics kommen ins Heft, unter anderem von Moritz Stetter, Frunk, Max Jähling oder Frans Stummer. Letzterer nimmt im Interview in # 11, obwohl die „Underdog“-Leute an ihm vor allem seine Punkband „Perish“ interessieren dürfte, auch ausführlich zu seinen Comic-Aktivitäten Stellung. Ein erhebliches Plus jeder Ausgabe ist die beigelegte CD, auf der jeweils deutschsprachige Rockbands ordentlich losrumpeln.
 
Blut im Stuhl # 26 und 27. Je 36 Seiten, s/w, DIN A 5, kostenlos. Andreas Dölling, Olpe 10, 44135 Dortmund. www.bis-magazin.de
 
Das Bemerkenswerteste an diesem textorientierten Fanzine ist, daß es gratis verschickt wird. Das Konzept hat nichts mit den üblichen Kostenlos-Magazinen zu tun, die sich durch Werbung finanzieren. Im Vorwort von # 27 heißt es vielmehr, das Heft funktioniere zwar nicht ohne kommerzielle Zwänge, werde aber nicht von ihnen bestimmt. „Ein Irrsinn für Leute wie Henkel, Clement, Ackermann, Koch , Rogowski und wie alle diese Untoten aus der ,echten Wirklichkeit‘ auch heißen mögen. Kein Profit – und doch Profit: die Freude am Schaffen, andere Menschen kennenlernen, das Gefühl der Unabhängigkeit, Selbstbestimmung, das Fehlen von Filtern und Zensur.“ Wie auch die Textbeiträge sind die enthaltenen Comics sehr unterschiedlich. Das Niveau-Spektrum reicht von Frans Stummer (einst in „Menschenblut“ aufgetaucht) bis zu ganz unbeholfenen unsignierten Kinderzeichnungen. Zwei Bekannte sind mir aufgefallen: Yvonne Silo war kürzlich auch mal in PLOP, und Laabs Kowalski ist ein ehemaliger Kumpel von Jo84, der ihn einst zum Fanzinemachen brachte.
 
Exodus # 17. 64 Seiten, s/w, DIN A 4, 5 Euro. René Moreau, Schillingstraße 259, 52355 Düren. www.sfflohmarkt.de
 
Auch mit dieser Ausgabe wird das Science Fiction-Fanzine, das rund 20 Jahre lang nicht erschien, wieder ein Stück lebendiger. Das dürfte daran liegen, daß es all die Jahre zwar kein „Exodus“ gab, aber eine rührige Fanszene, die nur auf die Rückkehr dieses Forums gewartet hat. Die Leserbriefe breiten sich nun schon auf neun Seiten aus. Mehrere Illustratoren, diesmal allerdings überwiegend ohne Comic-Affinität, bereichern das Heft optisch. Von ihnen wird Michael Hutter, ein „phantastisch-erotischer“ Zeichner, den Lesern näher vorgestellt. Unter den Autoren der Kurzgeschichten finden sich diesmal keine absolut bekannten Namen, sieht man von „Perry Rhodan“-Chefredakteur Klaus N. Frick und „Perry Rhodan“-Autor Horst Hoffmann ab. Arnold Spree, Pseudonym des Autors des „Gedd-Zyklus“, hat eine ziemlich witzige Derrick-Satire geschrieben, in der der Oberinspektor im Zuge seiner –Ermittlungen in eine Zeitmaschine gerät. Die nächste „Exodus“-Ausgabe soll zu Weihnachten erscheinen.
 
Das Schubfach. Comics über alles (Juli 2005). 12 Seiten, s/w, DIN A 4. Luciano Freiberger, Rua Porto Seguro, No 345, Porto Alegre/RS-CEP 91380-220, Brasilien
 
Schon interessant, wozu der Kontakt nach Brasilien, der einst über Teresa Camara Pestana aus Portugal zustande gekommen ist, so nach und nach geführt hat. Hier haben wir ein durchgängig deutschsprachiges Fanzine aus Süd-Brasilien. Wie das möglich ist, erklärt der Herausgeber in seinem Leserbrief in dieser Ausgabe selbst. Realisiert werden konnte das Fanzine freilich wohl erst durch den Kontakt zu PLOP, denn wir finden hier Beiträge von Frunk, Max Jähling, Wittek, Gunnar Saeckler und Oliver Gfeller (auf dem Cover prangt eine Illustration von mir). Ich weiß nicht, ob eine Methode dahintersteckt, aber in den Comics geht es mehrmals um deutsches Spießerleben – was für einen deutschstämmigen Brasilianer, der möglicherweise sonst keinerlei Kontakt zu seinem Herkunftsland mehr hat,wesentlich interessanter sein könnte als für deutsche Leser. Mal sehen, was aus der Brasilien-Connection noch wird. -aa
 
Fanzineiros # 1. 14 Seiten, s/w, DIN A 4. Luciano Freiberger, Rua Porto Seguro, No 345, Porto Alegre/RS-CEP 91380-220, Brasilien
 
Hier noch ein brasilianisches Fanzine vom selben Herausgeber, zu dem ich naturgemäß nicht allzu viel sagen kann. Aaron Jordan hat hier zwei Seiten ohne Text beigesteuert. Der Zeichner Alexandre Rabelo ist erkennbar am Zeichenstil von Milo Manara orientiert (es ist allerdings eine Indianergeschichte, leider fast ohne Manaras ätherisch schöne Frauen). -aa
 
QI # 74. 20 Seiten, s/w, DIN A 5. Edgard Guimaraes, Rua Capitao Gomes 168, Brasópolis - MG - 37530-000, Brasilien
 
Wieder ein sehr schönes Cover vom Herausgeber, und wieder ein ausführlicher Fanzineindex, diesmal ganz auf Brasilien konzentriert. Wie gehabt wird das Heft durch Artikel und Leserbriefe aufgefüllt. -aa
 
Amizade. Producoes Independentes # 28 (März 2005). 28 Seiten, s/w, DIN A 5. Laercon J. Santos, R. Maciel Aranha 238, Sao Paolo/SP cep 08340-290, Brasilien
 
Das ist fürs erste das letzte brasilianische Fanzine, das in letzter Zeit bei mir aufgeschlagen ist. Hier haben wir es mal wieder mit einem neuen Mann zu tun, mit dem ich bisher noch keinen Kontakt hatte. Obwohl in diesem Magazin, ebenso wie in den meisten bisher vorgestellten, mehr Textbeiträge enthalten sind als hierzulande üblich (unter anderem über die 60er-Jahre-Rockband MC 5 und über den „Daredevil“-Film), steht eher die Vielfalt von Comics im Vordergrund, die alle Onepager oder noch kürzer sind. Überwiegend gute Sachen in schöner Underground-Anmutung. Mir ist daneben noch der Kopierdruck aufgefallen. Die Qualität ist annehmbar, aber die meisten brasilianischen Fanzines, die mir bisher in die Hände gefallen sind, sind deutlich aufwendiger gedruckt.
 
Henrique Magalhaes: O Rebulico Apaixonante dos Fanzines. 112 Seiten, Farbumschlag, Paperback im Comicbookformat.
 
Dies ist kein Fanzine, sondern ein Buch über Fanzines, nämlich brasilianische. Obwohl ich dieses Buch natürlich auch nicht lesen kann, ist abzulesen, daß die Fanzine-Geschichte des südamerikanischen Landes bis in die 60er Jahre zurückreicht. Zahlreiche Fanzinecover sind abgebildet, so daß die brasilianische Szene auch beim Durchblättern lebendig wird. Die Popkultur ist offensichtlich ein globales Phänomen. -aa
 
John Stanley / Irving Tripp: Little Lulu # 2. Little Lulu goes Shopping. 9,95 Dollar. Dark Horse, ISBN 1-59307-270-8
 
Das Beste, was mir dieses Jahr comicmäßig in die Hände kam, waren die Reihe der Nachdrucke des Klassikers „Little Lulu“. Hat mir so gefallen, daß ich eine zehnseitige Geschichte einscannte und online steckte, damit möglichst viele sich den Comic kaufen und dadurch möglichst viele der alten Hefte nachgedruckt werden. Hier, bitte schön: http://bugpowder.com/-andy/stanley.little.lulu.html. Der Zeichner ist Irving Tripp, und Erfinderin der Figuren ist eine Frau namens Marge. Aber die Hauptleistung hat John Stanley gebracht, der Szenarist. Ziemlich ungewöhnlich, daß ein „Drehbuch“ so ausschlaggebend ist. Es sind Geschichten von der kleinen Lulu und ihren Freunden, ein Kid Comic, wie es viele andere zu der Zeit gab, aber sehr modern im Äußeren, ähnlich den kurz darauf auftauchenden Peanuts. Lulu ist eine kleine Nervensäge, aber auch freundlich und vor allem schlau und nicht auf den Mund gefallen. Was die Comics besonders auch für Erwachsene interessant macht, ist die genaue und daher witzige Beobachtung der Charaktere und deren Zusammenspiel. Ich kann jedenfalls nicht genug davon kriegen. Der Verlag vereint immer sechs alte Hefte in kleinen, dicken, preiswerten Bänden, und das hoffentlich noch lange. Andy
 
Bob Byrne: Mbleah # 1-3. Zusammen 10 Euro incl. Porto. bb2clam@yahoo.com
 
Diese Heftchenreihe im Comicbookformat erreichte mich soeben aus Irland. Zwar selbstverlegt, aber schick auf gutem Papier mit Farbcover und so. Die Sachen kann man teilweise auch in Farbe online inspizieren: www.clamnuts.com. Auf den meisten Seiten sind kleine Panels, so daß er in die drei Heftchen eine Fülle von Material gequetscht hat, alle möglichen grotesken Figuren und Erzählstile. Wirklich sehr schrill, aber immer interessant und witzig oder spannend. Kaum zu glauben, daß das alles aus einer Zeichenfeder stammt. Byrne sitzt gerade an einem Mammutwerk, ein Ohne-Worte-Bildroman, auf einer Kurzgeschichte in „Mbleah“ basierend, da bin ich sehr gespannt drauf. Wenn Ihr die drei Dinger bestellt, fragt noch nach einem Gratis-Miniheftchen „The Shiznit“, auch meist von ihm. Klein (DIN A 6), aber oho und durchgehend in Farbe. Das liegt in Dubliner Pubs aus. Andy
 
Stan Sakai: Usagi Yojimbo # 14. Ein bißchen Grün. 118 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Album im Comicbookformat, 12 Euro. Schwarzer Turm
 
Nachdem der Verlag sich jetzt eine Weile dem Nachdruck von Usagi-Bänden gewidmet hatte, die schon mal bei Carlsen erschienen waren, kommt nun nach etwa eineinhalb Jahren die nächste neue Ausgabe (zur Erinnerung: Bei # 8 war der Schwarze Turm eingestiegen). Das Material ist in USA ursprünglich 1992/93 erschienen. Ich habe für diese Besprechung nochmal nachgesehen, was ich bisher über die bemerkenswerte Comicserie mit anthropomorphen Tieren im Gewand traditioneller japanischer Gesellschaftsgruppen geschrieben habe. Zunächst habe ich mich sehr am Gegensatz zwischen dem edlen Samurai (Ritter) und dem schäbigen, verschlagenen japanischen Pöbel hochgezogen. Das war zweifellos eine Überinterpretation. Der „Leibwächter Hase“ – das ist die Übersetzung von „Usagi Yojimbo“ – ist halt der Gute und bekommt es häufig mit Übeltätern zu tun, damit die Story in Gang kommt. Dann fiel mir auf, daß die Geschichten ziemlich düster und todessehnsüchtig wurden. Das ist aber wahrscheinlich wiederum eine Überinterpretation, da ich fälschlich annahm, die Serie ende mit Band 13. Jedenfalls hat sich dann endlich bei mir die Erkenntnis durchgesetzt, daß Stan Sakai sowohl meisterhaft mit einfachem Strich zeichnen kann als auch Geschichten erzählt, die auf knappem Raum (normalerweise 20 Seiten) erstaunlich komplex werden, sich aber gleichzeitig immer perfekt runden. Im vorliegenden Band, in dem er sich zweifellos auf der Höhe seiner Kunst befindet, arbeitet er in sehr unterschiedlichen Storyformaten. „Jizo“ entfaltet auf nur acht Seiten eine Straßenszene mit einem Götzenbild, vor dem sich eher zufällig ein
Hurengeschichten


 
Schwertkampf Usagis mit eben der Bande Wegelagerer abspielt, wegen deren Treiben der Götze aufgestellt worden war. Kurios ist die dreiteilige Serie „Ein bißchen Grün“, in der Sakai als Gaststars die Ninja Turtles auftreten läßt, die Usagi am Ende auffordern, doch auch mal bei ihnen ein Gastspiel zu geben. Am Ende lesen wir den ersten Teil der Geschichte „Shi“ über einen korrupten Beamten, der möglichst unauffällig an eine Goldmine herankommen möchte. Wie es weitergeht, werden wir dann in Band 15 erfahren, den wir uns aber vermutlich auch ohne den Cliffhanger besorgen würden. -aa
 
Hurengeschichten. Protokolle aus dem Milieu # 1. 44 Seiten, farbig, Comicbookformat, 7,50 Euro. Schwarzer Turm
 
Nach „Horst“ und diversen Pornoserien beim Schwarzen Turm nahm ich diesen Band mit der falschen Erwartung in die Hand, auch hier werde mehr oder weniger elegant Pornografie betrieben. Aber nein, hier geht es um möglichst realistische Schilderungen realer Erlebnisse von Prostituierten. Es geht um ihren Blick auf die Freier, und da dominieren unappetitliche Dinge wie ungepflegte Füße oder exzentrische Vorlieben für benutzte Kondome. Sex ist hier langweilig und unbefriedigend, was ja in der realen Welt durchaus so sein mag. Autor Rochus Hahn fordert folgerichtig Huren und ihre Kunden auf, ihm für künftige Ausgaben ihre Erlebnisse zu erzählen. Der Verein Hydra darf sich im Vorwort verbreiten und auf einer weiteren Seite selbst vorstellen. Ich will nicht versäumen zu erwähnen, daß die Hurengeschichten in ihrer Art gut erzählt und meist exzellent gezeichnet sind (von Andreas Drude, Regina Hapel, Christian Partl, Clemens Kugler und Tobias Dahmen). Ich frage mich nur: Gibt es jemanden (außer Betroffenen und ihren Interessenverbänden), der sich für die tatsächlichen Verhältnisse im Rotlichtmilieu interessiert? Prostitution, verarbeitet in Filmen, Fotos, Zeitschriften, Büchern und Comics, ist ein Massenmarkt mit schier unglaublichen Umsatzzahlen. Aber sie funktioniert nur auf der Basis der Mythen, die sich um sie ranken („das ewige Faszinosum der menschlichen Neugierde und ihrer sexuellen Schaulust“, definierte Arthur Maria Rabenalt). Okay, ich unke vielleicht mal wieder zu früh. Aber wenn „Hurengeschichten“ # 10 eine Auflage von 10 000 Stück verkauft, werde ich meine Bedenken gern zurücknehmen. -aa
 
Wiesn-Feuer“ – schon
wieder Verbrecherjagd
in München
 
Mein crime-begeisterter ddp-Kollege hat wieder zugeschlagen: Im dritten Jahr hintereinander legt Harry Luck einen neuen München-Krimi vor (216 Seiten, KBV Verlags- und Mediengesellschaft mbH, Hillesheim, ISBN 393700152-2, 8,90 Euro). Siehe auch PLOP # 68 und 70. Die begonnene Serie setzt er konsequent fort. Sein bekanntes Personal, Kriminalhauptkommissar Jürgen Sonne, Polizeireporter Frank „Flitzer“ Litzka und seine attraktive Kollegin Tanja Kollaritsch, muß wieder ran, und das eigentümliche Münchner Milieu, jedenfalls das, das man aus den Derrick-Filmen kennt, wird erneut lebendig. Der polizeiliche und journalistische Hintergrund sind wieder ziemlich originalgetreu eingefangen (den Journalismus kennt Luck selber, Details über den Verlauf polizeilicher Fahndungen und ähnliche Fachfragen hat er von einem echten Kriminaloberrat überprüfen lassen). Und doch war ich diesmal beim Lesen eine ganze Weile unschlüssig, ob ich es wirklich mit einem echten Krimi zu tun habe. Luck verzichtet auf einen Mord, der die Handlung in Gang bringt. Die ganze erste Hälfte des Romans dreht sich vielmehr lediglich um die Drohung eines Terroranschlags aufs Münchner Oktoberfest, von der aber gar nicht klar ist, ob sie ernst gemeint ist. Zentrale Rollen spielen dabei eine Neonazi-Gruppe und ein Brauereibesitzer aus dem Münchner Umland, der um eine Ausschanklizenz auf der „Wies’n“ kämpft. In der zweiten Romanhälfte, nachdem tatsächlich ein Wies’n-Zelt in Flammen aufgegangen ist, nimmt die Handlung dann mehrere überraschende Wendungen. Nun müssen auch einige Nebenfiguren ihr Leben lassen, bevor die Protagonisten die Rätsel mit zunehmendem Tempo entwirren. Trotzdem bleibt der Roman eher krimi-untypisch. Was soll man davon hal-ten, wenn ein gesuchter Mörder kurz, bevor er gestellt werden kann, Selbstmord begeht? Der Hauptverdächtige, Wortführer der Neonazi-Gang (Achtung – Spoiler-Gefahr!), setzt sich indes Pfahls-mäßig ins Ausland ab. Ob er nun ein V-Mann des Verfassungsschutzes war oder gar wegen Verwicklungen in das historische Wies’n-Attentat von 1980 aus der Schußlinie genommen wurde, läßt Luck offen. Für einen „Whodunit“-orientierten Leser ist das alles natürlich ein wenig enttäuschend – darf ein Kriminalschriftsteller überhaupt Rätsel offenlassen? Es gibt natürlich auch Krimis, etwa die von Leo Malet, in denen der Mörder in der Regel entkommt und die Gerechtigkeit nicht siegt. Von deren pessimistischem, morbidem Grundton ist Luck allerdings weit entfernt. Bei ihm hat man beinahe den Eindruck, daß er eigentlich einen romantischen Liebesroman schreiben wollte – auch wenn er bei der Geschichte von Frank und Tanja kurz vor dem entscheidenden Moment abbricht. Das Buch ist nicht so schlecht, wie es jetzt vielleicht klingt. Immerhin hat Luck seinen Stil in allen drei Romanen konsequent durchgehalten. Handwerkliche Fehler sind mir nicht aufgefallen. Um es mal so zu sagen: Es ist durchaus möglich, von Harry Luck nicht gefesselt zu sein. Das große Vorbild scheinen nach wie vor die führenden deutschen TV-Krimiserien („Der Kommissar“, „Derrick“, „Der Alte“) mit ihrer leicht betulichen Grundstimmung zu sein. Die erzielen aber bekanntlich nicht nur hierzulande beachtliche Einschaltquoten, sondern kommen auch im Ausland hervorragend an. -aa
 
Internet-Comics
 
Max Jähling surft und redet dabei
 
Ein paar Worte vorweg: es gibt so viele Maßstäbe für Webseiten wie es Webseiten gibt. Einige Seiten leben von der Grafik, andere haben reichlich Material, das aber schwer zu finden ist, wieder andere eine tolle Navigation und nichts dahinter. Nach welchen Kriterien soll ich also gehen? Hier sind meine - sehr persönlichen - Kategorien:
·       Aufenthaltsqualität: Damit ich mich länger auf einer Seite herumtreibe, muß ich schon was zu tun haben. Gut also, wenn es ordentlich was zu lesen gibt oder zu gucken, je nachdem. (Hinweis: Es soll ja um Comicseiten gehen. Was zu lesen ist also immer das Beste. Eine Comicseite ohne Comics ist wie ein Actionfilm ohne Action – dürftig.)
·       Übersichtlichkeit: Erreicht man am besten, indem man keinerlei Inhalt auf die Seite packt. Ideal ist es aber eher, wenn es viel zu gucken gibt und das dann noch leicht zu finden ist.
·       Niederschwelligkeit: Bis vor kurzem hatte ich ein 56k-Modem und merkte es immer sofort, wenn eine Seite einfach nicht funzte. Das wäre ein Ausschlußkriterium, wenn ich's jetzt, mit DSL, noch merken würde. Jetzt übersehe ich leichter mal zu große Bilddateien und einfach-nicht-laden-wollende Flashintros, aber wenn ich's immer noch bemerke, ist es definitiv einen Punktabzug wert.
·       Mehrwertiges: Was hat die Seite, das mich über die Präsentation von Material hinaus fesselt? Werde ich wiederkommen oder habe ich das Gefühl, schon alles gesehen zu haben?
Zum Einstieg habe ich einfach mal ein paar Seiten von alten Bekannten aus dem PLOP gestöbert:
 
http://www.momixcomix.de/
Moritz Stetter hat seine Webseite überarbeitet, leider noch nicht vollständig. Einige der Links im News-Bereich funktionieren noch nicht (wieder?), aber das sind Kleinigkeiten. Die Seite ist neu und zur Zeit noch sehr übersichtlich; zum Verweilen laden vor allem das wunderschön gestaltete und sehr abwechslungsreiche Skizzenbuch und die Auswahl von Egon-Strips im Comicbereich ein. Ansonsten sind von den Comics eher Ausschnitte und Einzelbilder zu sehen, was Moritz' Erzähltalent leider völlig unter den Scheffel stellt.
http://www.aaron-jordan.de
Aaron Jordan verwirrt zunächst mit einem Flash-"Intro", das nirgends hinführt. Glücklicherweise kann man nochmal zurück zur Startseite und von da direkt zum Inhalt. Hier stellt sich Erwin vor, eine Figur, die durch die Seite führen soll, aber dann nie wieder auftaucht. Von solchen Täuschungsmanövern mal abgesehen, ist die Seite übersichtlich und browserfreundlich. Wir lernen Aarons Serien kennen, erfahren nebenher einiges über die Fanzine-Szene usw. Nur Online-Comics gibt es keine: Aaron scheint der Browser-Darstellung seiner Comics zu mißtrauen und bietet Beispielcomics lieber als hochauflösende Downloads an. Auch eine Möglichkeit.
http://bugpowder.com/andy/
Andy Bleck bietet schon fast keine Webseite mehr, sondern ein reichhaltiges Archiv mit Zeichnungen, Fotos, Informationen (das berühmt-berüchtigte „Early Comics Archive“!) und eben auch Comics. Letztere muß man in diesem Überschuß an Material schon ein bißchen suchen (bei „My Works“ ganz unten), wird dann aber reich belohnt. Die Bilder sind teils so hoch aufgelöst, daß sie in einem durchschnittlichen Browserfenster kaum zu erfassen sind, aber bei Andys detailfreudigen Zeichnungen sei das mal verziehen.
 
So viel für heute. Wenn Du willst, daß Deine Seite in PLOP vorgestellt wird, schick' mir einfach eine Mail mit Adresse (und, wenn Du willst, Hintergrundinfos) an: jaehling@gmx.de
 
Das sagte Nuff!
 
Der Lehning-isierung meiner Comicleser-Generation dürfte jetzt nichts mehr im Wege stehen. Im September erscheint ein neues Fanzine, das sich speziell an Leute zwischen 35 und 50 Jahren wendet, die mit den Marvel-Superheldencomics aus dem Williams Verlag aufgewachsen sind. Einen deutschen Kultzeichner wie Hansrudi Wäscher gibt’s für sie zwar leider nicht, aber vielleicht können Redakteure wie Reinhard Mordek (der legendäre „Remo“), Kirsten Vogel (damals Kirsten Isele und angeblich unsterblich in den Donnergott Thor verliebt) oder Hartmut Huff in diese Rolle hineinwachsen. Den Titel des Fanzines versteht nur, wer die Marvels gelesen hat, und vielleicht auch dann nur teilweise. Fanzine-Herausgeber Daniel Wamsler erläuterte in einem Interview mit dem „Szene-WHatcher“, daß im Bildschriften Verlag (BSV), der dem Williams Verlag vorausging, die berühmte Grußformel von Marvel-Redakteur Stan Lee „‘nuff said“ in Unkenntnis des amerikanischen Slangs hilflos in „Das sagte Nuff“ übersetzt wurde. Die erste Ausgabe wird sich vor allem mit dem Jahr 1974 beschäftigen, als die deutsche Marvel-Produktion von BSV zu Williams überging, und mit den Hintergründen des Neustarts, bei dem klassische Superheldenserien wie „Spider-Man“, „Fantastic Four“, „Avengers“, „Thor“, „Hulk“ und „Silver Surfer“ ab ihrer Erstausgabe neu veröffentlicht wurden. Für die folgenden Ausgaben wird bereits ein Interview mit dem inzwischen fast 80jährigen Marvel-Zeichner Gene Colan angekündigt. Die Erstausgabe von „Das sagte Nuff!“ soll 48 Seiten mit Farbcover umfassen und 7 Euro kosten. Man muss die Hefte bei Daniel Wamsler unter der e-Mail-Adresse WamslerDanu@gmx.de bestellen. Nähere Infos auf der empfehlenswerten Internetseite www.wmca.de (Williams Marvels Comic Archiv). –aa