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Anmerkung: Das da unten sind alte Comic-Besprechungen die im Comic Fanzine 'Plop' erschienen. Die meisten sind von Andreas Alt ('aa') verfasst. Natürlich sind die Angaben nicht mehr gütig, Hefte vergriffen, Zeichner umgezogen, Währung geändert etc. Aber für den einen oder anderen vielleicht ganz interessant hier zu schmökern...

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Plop 42
Besprechungen



cOMIc # 15. 28 Seiten s/w, DIN A 5. Im Tausch gegen Beiträge, andere Fanzines, Gold und große Geldscheine. Gerd Bonau, Waldweg 19, 24351 Damp.
 
Der gute Eindruck aus dem letzten Heft hält an. Diesmal gibt es zwar keine längere Geschichte, aber recht amüsante One-Pagers und Cartoons von Bernd Teuber, Uli Brunner, Karsten Schley und anderen, ein Fragment von Andreas Alt und ein Kurzporträt von Thomas Harske. hg
 
Rübe runter. 16 Seiten s/w DIN A 5. Im Tausch. Jürgen Kopperschläger, Torfweg 17 A, 32425 Minden.
 
„Sicher nicht das Wimmersusenachfolgezinchen“, so verrät uns das Vorwort. Und sicher nur für eingefleischte Levi’athan/J. 94-Fans. Liebt es oder laßt es. hg
 
Terror Dome. 60 Seiten s/w plus schwarzer, handbemalter Umschlag. DIN A 5. 3,80 Mark. Stephen Janke, Schinkenkamp 11, 32425 Min-den.
 
Hartmut schreibt unter anderem: „Eigentlich wollte Stephen Janke ein Magazin mit Horror-Comics machen. Da er aber offenbar nicht rechtzeitig genug Material zusammenbekam, findet der geneigte Käufer nun hinter dem ansprechend schlicht gehaltenen Cover aus schwarzem Karton eine ziemlich wirre Sammlung von Illus und Skizzen“ (es geht noch weiter). Diese Beschreibung ist zutreffend. Aber ich möchte daraus ein anderes Urteil ableiten als Haggi, der sich kaum zu einer Kaufempfehlung durchringen mag. Soweit ich mich erinnere, sind an Erstlinge meistens mildere Maßstäbe als an etablierte Magazine angelegt worden. So sollten wir es auch hier halten. Positiv finde ich zunächst, daß Stephen immerhin 60 Seiten Comics und Zeichnungen zusammenbekommen hat. Und davon ist keineswegs der Großteil Schrott. Besonders Jo 84 hat dem Jung-Verleger kräftig unter die Arme gegriffen. Der Leser muß sich freilich durch ein Sammelsurium hindurchsuchen. Aber in einem älteren Verständnis ist ein Fanzine genau das. Ich traue Stephen Janke - im Gegensatz zu Haggi - eine deutliche Steigerung in Terror Dome # 2 zu. Andreas Alt
 
Heikes Läspen Comics # 2. 12 Seiten schwarz/-rot und handcoloriert DIN A 5. 1 Mark plus 3 Mark Porto. Heike Anacker, Rheydter Straße 100, 41065 Mönchengladbach.
 
In der gleichen gediegenen Aufmachung wie die Nummer 1, nur diesmal auf wunderhübsch feuermelderrotem Papier, präsentiert uns Heike weitere männerfreie Comics. Mensch hat das Teil zwar in unter einer Minute durch, aber allein die klasse Colorierung ist den Kaufpreis von einer müden Mark wert (wieder ausdrücklich die handcolorierte Version verlangen). hg
 
Zeitlupe # 23. 24 Seiten s/w plus Farbcover DIN A 5. 2 Mark. Igolin Verlag c/o Tim Böhm, Ludwigshafener Straße 21 D, 76187 Karlsruhe.
 
Obwohl Tim „Igel“ Böhm und sein Bruder Paddy schon seit einigen Jahren mit ihrem Magazinchen aktiv sind, sind sie in der Fanszene noch relativ unbekannt. Die neueste Ausgabe der „Zeitlupe“ legt ihren Schwerpunkt mehr denn je auf Comics überwiegend von Tim Böhm selbst. Man merkt seinen Arbeiten zwar noch an, daß er zu den ganz jungen Zeichnern gehört, aber es ist ja nicht uninteressant, die Entwicklung eines Kreativen vom Frühstadium an zu verfolgen. In nächster Zeit will sich Igel allerdings mehr der Produktion von Zeichentrickfilmen widmen. Unter den Gastzeichnern dieser Ausgabe befindet sich übrigens auch der Schreiber dieser Zeilen, unter anderem mit einem noch nicht im Album nachgedruckten Ferdi-Strip. hg
 
Thomas Harske: Knorpel - Gnome, Girls und saure Gurken. 68 Seiten s/w Piccolo-Überformat (1/3 DIN A 4). 5 Mark (incl. Porto). Hirnlos Comics. Thomas Harske, Grobsbachstraße 30, 76829 Landau.
 
Dieses Piccolo-Heft versammelt alte und neue Gag-Strips um Knorpel, den Waldgnom, der auszog, um in der Zivilisation zu leben. Humor von hintergründig-dezent bis kalauerig-platt. (Siehe auch das Thomas Harske- und Alexandra Willems-Interview auf Seite 23, Anm. des Herausgebers). hg
 
Sprühende Phantasie # 13. 56 Seiten s/w mit kunstvoll verziertem Cover DIN A 4. 5 Mark. Flying Kiwi Verlag Jens Junge, Schloß Glücksburg, 24960 Glücksburg.
 
Es ist wieder da. Und es ist so gut wie eh und je. Eine gelungene Mischung aus Comics verschiedenster Genres und Stilrichtungen, einem Bericht vom 1. Hamburger Comic-Salon aus der Sicht von Jo 84 und einem sehr interessanten Interview mit Oliver Ferreira. Auch wenn die neue Ausgabe im Flying Kiwi Verlag erscheint, hat Jo Guhde immer noch die redaktionelle Oberaufsicht über sein Heft. Und er greift auch endlich wieder selber zum Zeichenstift: Zusammen mit Thomas Strauß hat er den ersten Teil eines albenlangen Depri-Thrillers mit dem Titel „Langer Donnerstag“ zu Papier gebracht. Weitere Höhepunkte: Das besagte Oliver-Ferreira-Interview und eine Kurzfassung von Goethes „Faust“ aus der Feder von Eckhard Schneider. hg
 
si-kartuun # 9 und 10. 68, bzw. 72 Seiten s/w mit zweifarbigem Cover DIN A 4. Nummer 9 mit 16seitiger Beilage s/w DIN A 5 quer. Je 6 Mark. Michael Groenewald, Zum Bernstein 22, 57076 Siegen.
 
Das ist das Ende: Siegens bestes Comicmagazin soll eingestellt werden. Aber zum Abschluß zeigen uns die Siegener nochmal so richtig, wie’s geht: Sie bringen zwei Nummern gleichzeitig heraus, insgesamt satte 140 Seiten, und bieten darin Comics nur vom Feinsten. Wer sich für 12 Mark das Beste gönnen will, was die deutsche Fanszene zur Zeit zu bieten hat, ist mit diesem Doppelpack gut beraten. Bleibt nur zu hoffen, daß es sich die si-kartuun-Crew nochmal überlegt und ihren absolut verdienten ICOM-Fanzine-Preis zum Anlaß nimmt, ihr Magazin fortzuführen. Auf jeden Fall steht noch das si-kartuun-Party-Special aus, und bei dem Kettencomic um Hartmut, den legasthenischen Sportreporter, ist wohl auch noch nicht das letzte Wort gesprochen. Hoffen wir das Beste. hg
 
Panel # 13. 52 Seiten s/w mit Farbcover DIN A 4 plus 24seitige Beilage s/w DIN A 5. 4 Mark. Panel e. V. Postfach 10 26 65, 28026 Bremen.
 
Hartmut hebt an: „Auch wenn sich die Panel-Macher ausdrücklich von der Fanszene distanzieren, werden sie bei uns gnadenlos rezensiert.“ Aber dann rezensiert er das Heft nicht, sondern zählt nur seine Favoriten unter den Künstlern auf, Andreas Keiser und Isabel Kreiz. Deshalb von mir ein paar Worte zur Einordnung: Panel boxt in der Gewichtsklasse von si-kartuun, Outside, Kromix oder Algier. Absolut professionelles Layout, Comics von anspruchsvoll über schräg bis hinein ins Strapazinhafte von einigen der besten Avantgarde-Leute. In den Rezensionen werden nur die Aktivitäten von Carlsen, Feest, Ehapa (soweit sie künstlerisch ambitioniert sind - Breccia, Prado, Clowes und Co.) und die anspruchsvollsten Veröffentlichungen von Zwerchfell und Edition Moderne wahrgenommen. Das ist der Ball, auf dem man tanzen will. Die Panel-Macher verkennen freilich, daß bei den Verlagen, mit denen sie sich messen, nicht die Leidenschaft für das Medium Comic, sondern die Notwendigkeit, Geld zu verdienen, Motiv und Antrieb der Arbeit ist. Bei Panel sind zweifelsfrei Comic-Enthusiasten am Werk. Aber gerade das läßt Panel wie ein teils freundliches, teils ärgerliches Mißverständnis aussehen. Andreas Alt
 
Comicstrich # 6. 20 Seiten s/w mit farbigem Cover DIN A 4. Kostenlos.
Comicstrich - das Album # 2. 112 Seiten s/w mit Farbcover DIN A 4. 10 Mark. Comicstrich   e. V., Rolandseckstraße 17, 81375 München.
 
Seit rund anderthalb Jahren kann man in Münchner Kneipen und Läden alle zwei Monate das neueste Heft vom Comicstrich kostenlos mitnehmen: Zwanzig Seiten mit ein paar Comics von Münchner Zeichnern und viel Werbung. Und einmal im Jahr tun sich die Jungs und Mädels zusammen und geben ein dickes Album mit vielen Comics und wenig Werbung heraus. Das bietet zu einem günstigen Preis einen guten Überblick über die Münchner Comicszene mit einem breiten Spektrum an Stilen und In-halten. Ich persönlich konnte zwar nur mit wenigen der gebotenen Arbeiten etwas anfangen, aber so ist das wohl mit solchen Samplern. Und es dürfte wohl für jede/n etwas dabei sein. hg
 
Kromix # 5 / Myxa. 80 Seiten farbig, Farbcover DIN A 4. 9,80 Mark. Totenkopf Verlag. Stefan Riedl, Warthestraße 16, 81927 München.
 
Wie immer präsentieren Ralf Palandt und Stefan Riedl auch in dieser Ausgabe ihres Magazins eine Sonderform des Mediums Comic. Diesmal ist es der zweisprachige Comic - und so steht Kromix # 5 ganz im Zeichen der deutsch-russischen Freundschaft, symbolisiert durch eine Flasche Jägermeister und eine Flasche Moskovskaja, die sich die Hand reichen. Dreht man das Heft um, hat man eine Ausgabe des russischen Punk-Comicmagazins Myxa in der Hand. Hier wird die russisch-deutsche Freundschaft durch Porträts von Stalin und Hitler symbolisiert, was manche Leute gar nicht lustig finden. Satire darf eben alles, außer, es gefällt uns nicht. Überhaupt zeigt die russische Hälfte des Magazins einen ganz eigenartigen Humor, der uns westlichen Lesern nur schwer zugänglich ist - was vielleicht nicht zuletzt daran liegt, daß die deutschen Texte offenbar von einem Russen stammen, dessen Deutsch nicht viel besser ist als mein Russisch. Auf jeden Fall mal eine prima Gelegenheit, über den deutschen Tellerrand hinauszugucken, und zwar in eine ganz neue Richtung. Und Rudi oder das kleine Arschloch mit russischen Blasen kommen auch recht gut. hg
 
Sack voller Sorgen # 1. 28 Seiten s/w mit farbigem Umschlag DIN A 4. 5,90 Mark. Richard Peteler / Isabella Malek Verlag, Teutoburger Straße 1, 81543 München.
 
Decadence rules - wie im richtigen Leben, so auch auf den Seiten dieses Magazins. Düster, witzig, ziemlich abgefahren, aber gut. Sieht so aus, als wären Comics doch Kunst. Als Gastzeichner - neben den beiden Herausgebern - Gunter Hansen (bekannt aus Titanic, Kowalski). hg
 
Good Comics / Thirteen Interviews. Zwei Bände im Schuber, 108 und 204 Seiten s/w DIN A 4. 40 Mark. Stefan Dinter, Hinter Weingarten 1, 78343 Gaienhofen.
 
Wer sich für die Geschichte der amerikanischen Underground-Comix von 1968 bis 1976 interessiert, sollte sich Stefan Dinters Diplomarbeit zulegen. Stefan hat hier nicht aus zehn Büchern ein elftes gemacht; er bezieht seine Informationen hauptsächlich aus Interviews, die er selbst mit 13 Comiczeichnern, die zum Teil diese Ära wesentlich mitgeprägt haben, führte. Diese 13 Interviews sind im zweiten Buch im Original-Wortlaut (also in englischer Sprache) abgedruckt. Darunter findet sich nicht nur ein authentisches Gespräch mit Szene-Star Peter Bagge (im Gegensatz zu anderen Bagge-Interviews, die man in letzter Zeit hierzulande zu lesen bekam), sondern auch das einzige Interview, das Underground-Megastar Robert Crumb in den letzten Jahren gegeben hat. Für Interessierte auf jeden Fall eine lohnende Anschaffung. hg
 
Lippe # 15. Schluß! Geschichten vom Ende. Album mit 48 Seiten s/w und Farbcover DIN A 4. 14,80 Mark. Lippe Productions. Andreas Anger, Schreibersgasse 7, 97318 Kitzingen.
 
Das neue Album aus dem Hause Lippe Productions versammelt hinter einem exklusiven Cover von Matthias Schultheiss düster-makabre Kurzgeschichten von Markus Grolik, Isabel Kreitz, Martin Frei, Dirk Tonn, Thomas Scheileke, Tom Ising und Viktor Boden. Grafisch durchweg sehr ansprechend, inhaltlich durchwachsen. hg
 
Menschenblut # 14 und 15. Je 36 Seiten s/w mit Farbcover, Comicbook-Format. # 14 mit eingeklebtem Farbpanel. Je 6,80 Mark. Eisenfresser Comix, Postfach 1141, 36094 Petersberg.
 
Nachdem die # 14 ein ausnehmend widerwärtiges Cover von Snake Marschall zierte, wartet der Umschlag von MB # 15 mit zwei wunderschönen Arbeiten von Dieter Klapper auf. Innen drin die übliche tiefschwarz-witzige Mischung von Mille, Robi, BiMi, A. & S. Atzenhofer, Geier, A. MacCartney, Kim Schmidt und Bernd Frenz. Empfohlen für Leute mit starkem Magen. hg
 
Haimo Kinzler: Wüttner 1 - Die rauhe Herzlichkeit des Lebens. 108 Seiten s/w mit Farbcover DIN A 5. 14,80 Mark. Zwerchfell Verlag. Christian Heesch, Tonndorfer Strand 57, 22045 Hamburg.
 
Nach etlichen Episoden in Caiser’s und einem Album im Eigenverlag präsentiert uns Haimo Kienzler  nun seinen ewigen Underdog Wüttner in einer dicken Sammlung na-gelneuer Abenteuer bei Zwerchfell: Von seiner Vermieterin ins Arbeitsleben gedrängt, findet sich unser schmächtiger Held als Möbelpacker wieder mit der glorreichen Aussicht, bei guter Führung zum letzten Arsch aufsteigen zu können. Sein zweites Abenteuer führt ihn nach ganz unten, wo er in Frau Kleinschrotts feuchtem Keller kompromittierende Spuren der Vergangenheit entschärfen soll. Auch die weiteren Episoden um Beziehungskrisen, Bio-Produkte und Unterwäsche aus naturbelassenen Materialien sind für etliche Lacher gut. Genau das richtige Buch für einen Verlag, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, das Zwerchfell des Lesers durch ständiges Training zu stärken. hg
 
Isabel Kreitz: Schlechte Laune. 48 Seiten s/w mit Farbcover DIN A 4. 8 Mark. Zwerchfell Verlag. Christian Heesch, Tonndorfer Strand 57, 22045 Hamburg.
 
Isabel Kreitz, Trägerin mehrerer Comicpreise (L & M, Achterbahn), erzählt in diesem Heft die Geschichte des frustrierten Jugendlichen Ralf, der seine Kicks beim S-Bahn-Surfen sucht. Wie es weitergeht, nachdem er knallharte Bekanntschaft mit einem harten Hindernis schließt, soll nicht verraten werden. Nur soviel: Isabel erzählt in stimmungsvollen Schwarzweiß-Bildern eine zwar düstere, aber auch sehr unterhaltsame Geschichte, ohne auf sattsam bekannte Klischees zurückzugreifen. Auf Wunsch der Zeichnerin wurde „Schlechte Laune“ nicht als Album, sondern als Heft publiziert, wobei die Unterschiede nur in der Klammerheftung und dem ungewohnt niedrigen Preis liegen. hg
 
Gespräch zwischen Manfred Kooistra, Birgit Hartung und Gregor Abraham. 36 Seiten s/w Zwischenformat. Hardcover mit Schutzumschlag. 30 Mark. argoat zwei / M. Kooistra & B. Hartung, Bachgasse 1, 88709 Meersburg.
 
Ein Romanfragment. Und ein Comic, in Manfred Kooistras perfekter, fotorealistischer Pünktchen-Technik gezeichnet. In den Hauptrollen er selbst und seine Co-Autorin. Inhalt: Ein Gespräch über das vorne abgedruckte Romanfragment. Auf jeden Fall mehr was für Intellektuelle. Prima Weihnachtsgeschenk für Leute, die einen Professor für Kommunikationswissenschaft zum Onkel haben. hg
 
Burkhard Ihme: Renn um dein Leben. 48 Seiten s/w mit zweifarbigem Umschlag. Hardcover. 22 Mark. Limitierte Luxusausgabe mit Original-Siebdruck 40 Mark. Buch Musik und Film Verlag, Danneckerstraße 12, 70182 Stuttgart.
 
Ein geradezu klassischer Krimi-Plot um einen Verbrecher, der die Polizei durch absichtlich hinterlassene, aber nur schwer zu entschlüsselnde Hinweise narrt, bildet die raffiniert konstruierte Handlung des neuesten Werkes von Burkhard Ihme. Und wie seine bisherigen Arbeiten lebt auch „Renn um dein Leben“ hauptsächlich von der gut gemachten Story. Denn obwohl sich Burkhard diesmal eines betont lockeren Strichs befleißigt hat und seine Seitenlayouts gekonnt und abwechslungsreich konstruiert sind, erkennt man doch den typischen „Ihme-Strich“, der grafisch einfach nicht so recht zu begeistern vermag. hg
 
In gleicher Aufmachung zum selben Preis im selben Verlag erschienen:
 
Burkhard Ihme: Um Kopf und Kragen.
 
Wenn ein Comiczeichner keine Lust oder nicht genügend Zeit hat für aufwendige Bilder, wird man in seinen Geschichten viele Großaufnahmen von Köpfen finden, die die Story per Dialog vorantreiben. Und wenn Burkhard Ihme sich zu diesem Thema Gedanken macht, kommt dabei ein Album heraus, das diese Methode zeichnerischer Sparsamkeit auf die Spitze treibt und ad absurdum führt: Neun Kurzgeschichten, in denen sattsam bekannte Handlungsmuster verschiedener klassischer Genres ausschließlich durch sprechende Köpfe dargestellt werden. Obwohl in die Stories genügend zusätzliche Gags und witzige Verweise eingebaut wurden, wirkt das ganze ob seiner grafischen Gleichförmigkeit doch etwas ermüdend. Zum Schluß präsentiert Burkhard zwar noch eine originelle Variante - einen Comic ganz ohne Bilder -, aber insgesamt leidet das Album doch, mehr noch als bei seinen bisherigen Arbeiten, unter Kopflastigkeit. hg
 
Alberto Breccia / Juan Sasturain: Perramus. Grafischer Roman in drei Bänden. 176, 144 und 168 Seiten, schwarz-weiß, Softcover, Albumformat. Carlsen. 36,80, 39,90 und 59,90 Mark.
Alberto Breccia: Dracula. 72 Seiten, farbig. Hardcover, Albumformat. Carlsen. 49,90 Mark.
 
Endlich! Die Veröffentlichung dieser Alben ist ein Ereignis. Mit ihr schließt sich, wenigstens ansatzweise, eine empfindliche Lücke. Allzu lange ist Alberto Breccia den deutschen Comiclesern kaum mehr als ein großer Name gewesen, dessen Ruf sich nicht durch die Lektüre seiner Werke verifizieren ließ. Vor rund zwei Jahren erlaubte dann „Mort Cinder“ einen ersten gründlichen Blick in den künstlerischen Kosmos des Argentiniers. Was sich an diesem kapitalen Frühwerk schon erkennen ließ, bestätigt sich mit „Perramus“ und „Dracula“ in entschiedener Weise: Alberto Breccia gehört zu den größten Künstlern, die das Medium Comic hervorgebracht hat. Worauf gründet sich dieser Rang? Vor allem auf einer außergewöhnlichen artistischen Integrität. Ab dem Beginn seiner Reifezeit Ende der 50er Jahre - zu diesem Zeitpunkt zeichnete er bereits seit 20 Jahren Comics - hat Breccia bis zu seinem Tod nicht aufgehört zu experimentieren. Rastlos war er auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Er arbeitete in Schwarzweiß und in Farbe, mit der Feder und dem Pinsel, mit Tusche und Wasserfarben; er zeichnete, malte und collagierte. Ungewöhnlich auch, daß seine künstlerische Potenz im Alter nicht nachließ, sondern sich weiter steigerte. Das Spätwerk Breccias kennt weder müde Reprisen noch lustlose Selbstplagiate, nur das rastlose Weiterziehen auf dem einmal eingeschlagenen avantgardistischen Weg. Noch die größte Bedrohung seines Lebens, die blutige Diktatur der Generäle zwischen 1976 und 1983, konnte Breccia so bewältigen: Der Schrecken dieser Jahre hat ihn, wie „Perramus“ und „Dracula“ zeigen, nicht verstummen lassen, sondern seinem Werk eine weitere politische Dimension eröffnet. „Perramus“ beginnt mit einem Verrat und einer symbolischen Neugeburt. In tiefer Nacht erwacht ein Mann, als er Schritte auf der Treppe hört. Die Polizei naht, eine Gruppe der Stadtguerilla, die gegen die argentinische Diktatur kämpft, auszutreiben. Der Mann weckt seine Freunde nicht, sondern schleicht sich davon; die Überraschten sterben in den Maschinenpistolensalven der Schergen. Von Schuld gepeinigt, sucht und findet der junge Guerillero Vergessen in den Armen einer mit magischen Kräften begabten Hure. Am nächsten Morgen ist ihm seine Vergangenheit entschwunden; er weiß nicht einmal mehr, wie er heißt. Eine neue Identität findet er nur durch den Markennamen des Mantels, den ihm die Hure schenkt: Perramus. Von 1984 bis 1989 hat Alberto Breccia an diesem nahezu 500 Seiten starken Opus magnum gearbeitet. Personen, Schauplätze und Handlungsmuster erinnern mitunter an den vertrauten Abenteuercomic alter Schule. Aber das sind nur spielerische Zitate, flüchtige Duftmarken. Schon der Anfang zeigt, daß es Breccia und seinem Autor Juan Sasturain um mehr geht. Sie wollen nicht nur spannende Unterhaltung liefern. Sie erzählen von der jüngsten Vergangenheit, von dem „schmutzigen Krieg“, den die argentinische Junta gegen die Bevölkerung führte. Aus den Armen der Hure verschlägt es Perramus zunächst auf ein Schiff, dessen Aufgabe es ist, die von den Machthabern Ermordeten im Meer zu versenken. Von dort gelangt er auf eine Insel vor der argentinischen Küste, auf der Mr. Whitesnow, ein amerikanischer Geheimdienstler mit der Physiognomie Henry Kissingers, seinen Geschäften nachgeht. Auf bizarren Umwegen durch eine Welt zwischen Tag und Traum kehrt Perramus schließlich im Auftrag der Untergrundbewegung aufs Festland zurück, trifft dort den greisen Dichter Jorge Luis Borges und nimmt mit ihm und seinen neuen Freunden, dem hünenhaften Mulatten Canelones und einem nur „der Feind“ genannten alten Bomberpiloten, den Kampf gegen die Diktatur auf. Der zweite Teil des Werks erzählt die Suche des ungleichen Gespanns nach sieben Gerechten, in denen sich die von der Gewaltherrschaft bedrohte Seele der argentinischen Hauptstadt, hier mythisierend Santa Maria genannt, verkörpert. Im dritten Teil beteiligen sich die vier an dem erfolgreichen Aufstand gegen Mr. Whitesnow und seine sieben Zwerge, deren Sturz symbolisch den Sturz der Generäle widerspiegelt. Als den ersten Comic-Roman des magischen Realismus hat die Kritik „Perramus“ bezeichnet. Tatsächlich entwirft Juan Sasturain eine Welt, in der sich Realismus und Phantastik, Alltägliches und Wunderbares nicht ausschließen, sondern ständig durchdringen. In dieser Hinsicht steht „Perramus“ zweifellos in der Tradition eines Marquez oder Borges. Aber der erste Comic-Roman des magischen Realismus? Das ist der Ehre zuviel. Immerhin sind schon in den Corto-Maltese-Geschichten der 70er Jahre Magie und Moderne virtuos miteinander verschmolzen. Ich glaube sogar, daß Hugo Pratt, der ebenso kunstvoll kunstlos erzählt, wie er zeichnet, Sasturain überlegen ist. So raffiniert dieser Autor zur Sache geht, so bewundernswert sein mehr als seltener Versuch ist, der politischen Aktualität Eintritt in einen Comic zu verschaffen - mißt man „Perramus“ an den Maßstäben, die das überaus ambitionierte Unternehmen verdient, muß man doch zugeben, daß seine Lektüre kein reines Vergnügen ist. Gerade weil Sasturain so viel will, erreicht er weniger, als er könnte. Die extreme Literarisierung des Erzählens, die er betreibt, exorziert zwar alle Comic-Klischees, führt aber zum Aufbau eines bleischweren symbolischen Apparats, der das Werk in seinen ersten drei Teilen mitunter zu erdrücken droht. Überall tiefere Bedeutungen, überall Figuren, die über sich hinaus ins Allgemeine weisen. Es ist, als mißtraue Sasturain der Wucht dessen, von dem er erzählt, als fühlte er sich verpflichtet, immer noch eins draufzusetzen, um den Leser auf jeden Fall zu beeindrucken. Sogar vor Plattheiten schreckt er daher nicht zurück: Was von den Generälen und ihren Schergen zu halten ist, würde man sicher auch verstehen, wenn sie nicht alle Totenköpfe trügen. Vermutlich ist es der politische Leidensdruck, der Sasturain sich so verkrampfen läßt. Der vierte Teil, der die Helden nach dem Sturz der Diktatur auf eine weltweite Suche nach zwölf verschollenen Zähnen des legendären Tangosängers Carlos Gardel schickt, ist nämlich, ohne in die Comic-Konvention zurückzufallen, von jedem störenden Überbau befreit. Nur hier erreicht Sasturains Szenario durchgehend die Qualität von Breccias Illustrationen. Sie sind es, die „Perramus“ doch noch zu einem Meilenstein werden lassen. Was zunächst auffällt: die Perfektion. Nirgendwo auf diesen vielen Seiten, nicht im Detail eines einzigen Panels ist die Spur einer Flüchtigkeit oder Unsicherheit zu entdecken. Breccia arbeitet mit einer Präzision und Grazie, als würden sich seine künstlerischen Visionen, ohne daß Hand und Pinsel eingreifen müßten, direkt auf die leere Seite übertragen. Alles wirkt selbstverständlich: So muß es sein und nicht anders; jeder Strich, jeder Tupfer sitzt. Und trotzdem ist Breccias schwarzweiße Aquarelltechnik nie steril, nie leblos, im Gegenteil: Jedes Panel birst vor Vitalität, vor dem offenkundigen Vergnügen, das der Künstler empfindet, Menschen, Gesichter, Natur- und Stadtlandschaften in immer neuen Perspektiven und Be-leuchtungen einzufangen. Breccia scheint das Papier zugleich zu attackieren und zu streicheln. Mal ballen sich seine Pinselstriche zu dunklen Wolken zusammen; mal hinterlassen sie nur zarte, graue Schlieren; mal bleibt so viel weiß, daß sich das Bild nur im Zusammenspiel von Angedeutetem und Ausgespartem vollendet... „Perramus“ ist ein Festmahl für die Augen. Anders als bei den meisten seiner jüngeren Kollegen, die den Comic als Comic Art verstehen, ist die Maltechnik Breccias vorbildlos. Sie schielt nicht eifersüchtig und kopierend auf die Malkunst - ein Mangel, der für Mattotti, Sienkiewicz, McKean und ihnen verwandte Künstler leider typisch ist -, sondern findet in sich ihre Erfüllung. Breccia arbeitet nicht im Stil von Matisse oder Hockney, von Klimt oder Bacon, sondern im Stil von Breccia. Man mag in seiner Vorliebe für groteske Visagen und perspektivische Verengungen, für das Spiel von Licht und Schatten eine Nähe zum Expressionismus erkennen. Aber auch hier handelt es sich nur um eine Verwandtschaft im visionären Gestus, nicht um eine Nachahmung. Breccia ist Breccia - in dieser Tautologie liegt vielleicht das größte Lob, das man dem Künstler aussprechen kann. Vom Schwarzweiß zur Farbe: Das 1989 entstandene „Dracula“-Album ist eine Orgie gedämpft leuchtender Schattierungen von Blau, Braun und Grün, von Schwarz, Rot und Lila. Auch hier kann man sich nicht sattsehen. „Dracula“ ist einer der schönsten farbigen Comics, die ich je in den Händen hatte. Dazu erweist sich Breccia als ein begabter Erzähler. Während Francis Ford Coppola in seinem jüngsten Film eine mühevolle artifizielle Rekonstruktion des unsterblichen Mythos vom transsylvanischen Grafen versuchte, setzt Breccia zu einer frechen Dekonstruktion an. Dracula - eine Gestalt, um einen das Fürchten zu lehren? Hier taugt sie eher dazu, das Lachen nicht zu vergessen. Schon wie Breccia Dracula malerisch anlegt, ist bezeichnend. In einem Mantel, groß und schwarz wie eine Gewitterwolke, birgt sich ein vogelscheuchendünner Körper auf krummen Beinen. Das bleiche, totenkopfähnliche Gesicht erhält durch die schwarzen Tränensäcke und die roten Wulstlippen einen Zug ins Tragikomische und Lächerliche. Dieser Dracula gleicht einem tuberkulösen Schmierenkomödianten, der Dracula spielt. Und tatsächlich bleibt dem Grafen in den fünf ohne ein einziges Wort auskommenden Kurzgeschichten wenig erspart. Als er im venezianischen Karneval einer unbekannten Schönen an das zarte Hälschen will, schlägt ihn ein zu Hilfe eilender Doppelgänger Supermans nieder. Zu Hause in Transsylvanien paßt ihm sein Zahnarzt ein schlecht sitzendes Gebiß an, das er, als er einen fetten Reisenden beißt, sofort verliert. Und am Blut des trunksüchtigen Edgar Allen Poe holt der unvorsichtige Dracula sich eine Alkoholvergiftung. In „Ich bin nicht länger eine Legende“, der besten Kurzgeschichte des Albums, schlägt die Stimmung des brillant-makabren Scheins um. Wieder sind wir im Argentinien der Junta. Ein sonnenbebrillter Dracula, der als Tourist verkleidet umherstreift, wird zum zunehmend fassungslosen Zeugen von Schießereien und Hinrichtungen, von Folter und Ausschweifungen - bis ihm vor Entsetzen darüber, was Menschen einander antun, so sehr die Haare zu Berge stehen, daß er in ein Kloster flieht und Mönch wird. Der reale Horror unserer Zeit übertrifft den literarisch-romantischen Horror der Vergangenheit. Wo Menschen zu Monstern werden, erscheint das Monster plötzlich menschlich. Eine bittere Pointe. Bleibt am Schluß nur der Wunsch, daß so schnell wie möglich weitere Arbeiten von Alberto Breccia verfügbar gemacht werden. Noch gibt es viel zu veröffentlichen. Die deutschen Comicverlage sind gefordert, die deutschen Comicleser auch. Hans Lucas
 
Hunt Emerson: Casanovas Abgang. 64 Seiten, schwarz-weiß, Softcover, Albumformat. Carlsen, 19,90 Mark.
 
Hunt Emerson ist ein Pornograph mit Sinn für Humor. Seine großen Vorbilder sind Harvey Kurtzman und Robert Crumb. Aber die Pornographie ist eine ernste Sache; mit ihr scherzt man nicht. Daher ist dieses Album, in dem der alte Casanova sich melancholisch-schwärmerisch der erotischen Höhepunkte seines bewegten Lebens erinnert, zwar schwungvoll gezeichnet, aber leider kaum komischer als der siebte Teil des „Schulmädchen-Reports“. Die Stiftung Comictest rät ab. Hans Lucas