(Plop Online Comics, hier klicken)  
Anmerkung: Das da unten sind alte Comic-Besprechungen die im Comic Fanzine 'Plop' erschienen. Die meisten sind von Andreas Alt ('aa') verfasst. Natürlich sind die Angaben nicht mehr gütig, Hefte vergriffen, Zeichner umgezogen, Währung geändert etc. Aber für den einen oder anderen vielleicht ganz interessant hier zu schmökern...

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Plop 65
Besprechungen






Babyblues II für Milena. 28 Seiten, s/w mit Farbumschlag, DIN A5. Anja & Joy, Alte Poststraße 15 B, 32457 Porta Westfalica

Anja und Joy begrüßen nun auch ihre zweite Tochter Milena durch eine Comicanthologie mit Beiträgen vieler bekannter und ein paar unbekannter Leute. Die größer werdende Familie hat das Projekt allerdings verzögert: Milena war beim Erscheinen schon beinahe ein Jahr alt. Die meist ein- bis zweiseitigen Beiträge beschäftigen sich, dem Anlaß angemessen, fast alle mit den Themen Geburt und Babys. Die Einstellungen und Blickwinkel von Leuten wie Lutz Mathesdorf, Rudolph Perez ("Zebra"), Aaron Jordan oder Gerd Bonau sind naturgemäß sehr unterschiedlich, was ja auch den Reiz dieses Comics ausmacht. Das Cover kommt von Milenas großer Schwester Lara, die das Zeichentalent ihrer Eltern ererbt zu haben scheint. aa






cOMIc # 46. 20 Seiten, s/w, DIN A 5. Nur im Tausch gegen Beiträge oder andere Fanzines. Gerd Bonau, Gabelsberger Straße 14, 24148 Kiel

Wir haben es alle gehofft, daß Gerd Bonau sich nach der Einstellung seines Mini-Fanzines mit der Ausgabe 45 im Jahre 2000 noch einmal eines besseren besinnt. Und wir haben Glück gehabt, denn hier ist es wieder. Da niemand wußte, daß es mit dem Heft weitergeht, hat ihm auch kaum jemand Comicmaterial zugeschickt, so daß er das Heft diesmal so gut wie komplett selbst füllt. Dies tut er auf seine unnachahmliche Art mit einer netten Comicographie nebst kleinem Artikel über den ehemaligen "Zack"-Zeichner Edouard Aidans. Wenige Zeichnungen, vor allem ein schönes Backcover von Wittek, runden das hilfreiche Heftchen ab. Jo84






Chnusper Comics # 4. 36 Seiten, s/w, DIN A 5, 1,70 Euro. Edition Pesky, Oliver Gfeller, Bohrerhofstraße 10, CH - 4123 Allschwil. oli-gfeller@gmx.ch

Oliver Gfeller gehört zu der offenbar nicht kleinen Gruppe in der Fanszene, die zugleich ein Faible für alternative Popmusik hat. In seiner neuen Ausgabe spielen die Comics und Illustrationen (von Max Jähling, Teresa Camara Pestana, Zlatko Krstevski und ihm selbst) nur eine Nebenrolle. Stattdessen stellt der Herausgeber ausführlich die deutsche Band "Der Plan" vor, die zu den Pionieren der Neuen Deutschen Welle zählte, bespricht Tonträger und Konzerte und beklagt den Niedergang von DRS 3 zu einem Dudelsender. Das nächste Themenheft soll die Nummer 6 werden. aa






Filmriss # 3/2002. Comics, Cartoons, Zeitungsstrips. 36 Seiten plus 8-seitige Beilage, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 3,50 Euro. ICOM, Danneckerstraße 12, 70182 Stuttgart und Gringo Comics, Holger Bommer, Rossbergstraße 3, 73734 Esslingen. www.comic-i.com und www.gringo-comics.de

Diese Ausgabe war wohl ein arger Schnellschuss (sollte unbedingt noch vor Erlangen erscheinen). Das Zeichnerverzeichnis stimmt nur so etwa mit den tatsächlich im Heft vertretenen Zeichnern überein. Auf Seite 2 wird das Covermotiv in Pastelltönen nochmal abgedruckt, weil da offenbar kurzfristig eine Anzeige ausgefallen ist. Außerdem ist der achtseitige Comic "Der Trompeter" von Bernd Mazanec und Roland Strittmatter beigelegt, von dem die Fortsetzung im Heft abgedruckt ist. Die Mischung der Comics ist aber insgesamt nicht schlecht, und es machen sich hier auch nicht nur die üblichen Verdächtigen breit. Grundsätzlich sind dem ICOM-Magazin im Interesse der deutschen Zeichnerszene ein langes Leben zu wünschen – und Fortschritte im Vertrieb. aa






Gambuzine # 12 und13. Je 32 Seiten, s/w auf gelbem Papier, DIN A 4.Gambuzine, Teresa Camara Pestana, Apartado 43, 3200 Lousa, Portugal.

Die Herausgeberin hat der Einfachheit halber zwei Ausgaben zusammen drucken lassen. Vielleicht hätte sie auch eine dicke Dopelausgabe daraus machen können, dafür hätte sie aber natürlich den doppelten Verkaufspreis verlangen müssen. Die beiden Hefte weisen jedenfalls große Strukturähnlichkeiten auf. Nach wie vor überträgt Teresa Camara Pestana, die einige Jahre in Hannover lebte, eifrig deutsche Comics ins Portugiesische: Wittek, Armin Parr, Till Lenecke. In beiden Bänden sind daneben der Italiener Claudio Parentelo, der Slovene Ivan Mitrevski sowie sie selbst vertreten. Heft 12 wird schließlich mit drei Onepagern von mir unbekannten Leuten (Dgeorgiz, Stefan & Clayton, Remo Keller) aufgefüllt. Wie immer sprechen die Comics (von überwiegend düsterer Atmosphäre) ganz für sich selbst. Redaktionelle Texte, welcher Art auch immer, spart sich Teresa. Da stellt sie lieber per Brief oder e-Mail Verbindungen zwischen europäischen Comiczeichnern her. aa






GENiale Welt # 1, 28 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Ami-Format, 3,50 Euro. Moritz Stetter, Mönchfeldstr. 44, 70378 Stuttgart oder MoComix@gmx.de

Nach diversen Veröffentlichungen in mehreren Fanzines hat Moritz Stetter nun auch ein eigenes Heft am Start, welches er so gut wie alleine gestaltet hat. Zwar steuern Kim Schmidt, Haimo Kinzler, Andreas Fecke sowie Armin Parr je einen Cartoon bei, der Großteil des Heftes, der nur eine Geschichte beinhaltet, ist jedoch von Moritz allein getextet und gezeichnet. In dieser, angelegt als Fortsetzungsgeschichte, geht es, inspiriert durch die Zukunftsversionen von Aldous Huxley, um eine komplett genmanipulierte Welt, in der Individualität völlig unterdrückt wird. Da Moritz Funnyzeichner ist, könnt Ihr darauf wetten, daß er dieser grauenvollen Vision einige köstliche Gags abringt. Mit Spaß zum Nachdenken anregen, das ist eine feine Sache. Moritz trifft den Nagel auf den Kopf, und wäre der Preis nicht weit über der Schmerzgrenze, so könnte ich das Heft uneingeschränkt empfehlen. Jo84




Kingkingkongkingrobocomix # 2. 32 Seiten, s/w mit rotfarbigem Umschlag, Piccoloformat. Pottzblitz Entertainment Groupé, c/o Patrick Schmitz, Helmstedter Straße 142, 38102 Braunschweig. Pottzblitz@gmx.de

Auch der Roboter-Spezialist Patrick Schmitz kreuzt immer deutlicher in den Bereich der Independent Music hinüber. Er setzt nicht nur Popsongs in Robotercomics um (in diesem Fall von Kraftwerk und Queen). In diesem Piccolo tauchen zudem einige von ihm in Strapazin-Manier selbst gestaltete Platten- und Plattenläden-Anzeigen auf. Vielleicht kommen als nächstes Plattenlisten - als ein witziges Mailorder-Heft könnte man sich seine Publikation künftig vorstellen. Aber bis jetzt ist es eindeutig ein Comicmagazin, und nicht das schlechteste. aa






Kreativo! # 40. 32 Seiten, s(w, DIN A5, 1,50 Euro. Kreativo!-Projekt, Birke, Postfach 2022, 58470 Lüdenscheid

Birke trommelt schon mal heftig für ihr kommendes Jubiläum: Seit zehn Jahren gibt sie ihr Magazin heraus. Damit macht sie diesen Job länger als ich, denn ich habe PLOP erst Ende 1993 übernommen. Glückwunsch-Beiträge sollen in der nächsten Ausgabe veröffentlicht werden. Vielleicht liest das ja jemand noch rechtzeitig, der sich angesprochen fühlt. Einsendeschluß für DIN A5-Arbeiten ist der 15. November. Hoffentlich läuft mit "Kreativo" weiterhin alles glatt, denn Birke hält sich neuerdings übewiegend in Siegen auf – Umschulung zur Logopädin. Der herzerweichende Report ihrer ersten Eindrücke der Peter-Paul-Rubens-Stadt ist in diesem Heft. Außerdem Comics von Manfred Lafrentz, Ghost, Roger Clinard, Moritz Stetter und anderen, Gedichte, Texte und Kurz-Rezensionen. aa






Milk and Wodka # 3. Continental Comic Book. 144 Seiten, s/w mit zweifarbigem Umschlag, DIN A5. Nicole Scherrer und Remo Keller, Riehenring 185, CH – 4058 Basel. Milkandwodka@gmx.net

Eine Schweizer Publikation müßte ich nicht unbedingt unter ausländischen Fanzines einordnen, aber dieses Magazin paßt zu "Stripburek". Es ist eine etwas gröbere Version der slowenischen Anthologie. 36 internationale Zeichner sind hier versammelt. Nur 15 von ihnen sind Schweizer. Oliver Gfeller ist darunter, der mir die Broschüre freundlicherweise zugesandt hat, und Mark Paterson, der vor längerer Zeit schon mal in PLOP aufgetaucht ist und einen schottischen Paß besitzt, wie ich jetzt hier lese. Auch etliche Deutsche tauchen auf, von denen mir nur Teer bekannt ist. Die übrigen Beiträge kommen aus Portugal, Italien, Dänemark und Osteuropa. Trotz der vielfältigen Nationalitäten sind alle Comics entweder deutsch oder englisch. Hier sind zahlreiche interessante Entdeckungen zu machen. aa






Das Nürnberger Comic-Blatt # 2. 20 Seiten, s/w mit Farbbeilage, DIN A4, 1,20 Euro. Daniel Kiendl, Humboldtstraße 133, 90459 Nürnberg

Dieses Sekundärmagazin ist noch weit davon entfernt, professionell zu sein. Aber es liegt bereits in Nürnberger Comicläden aus. Die ziemlich jungen Herausgeber haben also die Basis, um besser werden zu können. Vorgestellt werden hier Serien aus dem Superhelden- und Manga-Bereich und Spielfiguren. Hinzu kommen ein Kurzinterview mit dem Nürnberger Cartoonisten Gerd Bauer und eine Besprechung des Coen-Films "The Big Lebowski". Anton Buller, der einen zweiseitigen Comic beisteuert, sollte auch noch ein bißchen an seinem Stil arbeiten. Vier Kleinanzeigen dokumentieren, daß das Magazin durchaus gelesen wird. Mal sehen, was aus dem Projekt noch wird. aa






Ox-Fanzine # 47 (Juni bis August 2002). 146 Seiten, s/w mit Farbumschlag mit beiliegender CD, DIN A4, 4 Euro. Ox-Fanzine, Joachim Hiller, P.O.Box 10 22 25, 42766 Haan. www.ox-fanzine.de

Obwohl ich dieses Magazin für Alternativkultur eine Weile recht gern gelesen habe (besonderer Anreiz war schon damals die beigelegte Single, später CD bei insgesamt sehr günstigem Heftpreis), hatte ich es eine Zeit lang ganz aus den Augen verloren. Es hat sich in der Zwischenzeit offenbar verändert - oder bin ich's, der sich verändert hat? Es gibt zwar immer noch Bandporträts (in diesem Heft etwa von der einstigen Grunge-Band "Girls vs. Boys"), Interviews und Konzertberichte. Kundige Seitenblicke werden auch auf andere Bereiche der Populärkultur wie Literatur und Film geworfen. Ich kann mich aber nicht erinnern, daß vor ein paar Jahren schon so viele Plattenkritiken im Heft waren: auf mehr als 30 Seiten in Leselupen-Schrift, einfach alphabetisch nach Bandnamen geordnet, denn die Stilzugehörigkeit kann ja Ansichts- oder Geschmackssache sein. Gesondert werden lediglich Singles und 10-Inches, Sampler und Re-Releases betrachtet. Bei dem Umfang kommt, glaube ich, kein anderes Musikmagazin mit, das ich kenne. Überraschend ist das vor allem angesichts des Geredes vom Niedergang der Popkultur, zum Beispiel auf der jüngsten Popkomm, das ja etwas für sich zu haben schien. In den Alternativ-Ecken jenseits von Time-Warner oder Sony Columbia regt sich aber noch jede Menge Leben. Und dabei haben die Autoren und Rezensenten in diesem Magazin nichts vom abgehobenen Esoterik-Duktus des Pop-Leitmediums "Spex", den man erst nach längerer Lektüre so halbwegs versteht. Sie kennen sich aus und wissen, was gut ist, und sie schreiben es geradeheraus. Erwähnen sollte ich noch, daß Ox sogar über eine Comic-Corner verfügt, bei der der Blick wie in der Musik auf die Kleinverlage und die Alternativszene gerichtet ist. Traditionell ist Peter Puck mit einer "Rudi"-Seite vertreten. aa






Paranoid # 6. 48 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat. Dietz / Tauber, Wagenburgstraße 123, 70186 Stuttgart

Christopher Tauber verfolgt das Konzept seines Magazins unbeirrt weiter. Auch die neue Ausgabe ist voll von Geschichten über Beziehungskrisen, Frust und Einsamkeit. Im Fall von "Jeder ist ein Peter" hat sich die Perspektive jedoch ins Satirische und Parodistische verschoben. Zwei Comic steuert die Seelenverwandte Steffi Dietz bei. Im Mittelteil interviewt Christopher zusammen mit Helge Arnold Mitglieder der Bands "They might be Giants" und "Eels". Die Interviews sind zwar nicht abgehoben, es fehlen aber allgemeine Informationen zu den Bands, so daß die Gespräche für Nicht-Insider doch ein wenig in der Luft hängen. Insgesamt ein sauber gedrucktes, inhaltlich konsequentes, durchaus lesenswertes Fanzine. Ob Christopher aber damit seine weitaus höher gesteckten Ambitionen erfüllen kann, halte ich für sehr fraglich. aa






Schwarz weiss Comickult # 1. 80 Seiten, s/w, DIN A4, 3,50 Euro. Weissblech Comics, An der Landstraße 5, 23758 Kükelühn. www.weissblech.com

Früher, als alles besser war, gab es Comicbände wie "Fix und Foxi Super Sommer Spaß" oder so ähnlich. Das war dasselbe Material wie in den regulären Heften, aber mit viel mehr Seiten und trotzdem nicht unerschwinglich. Levin Kurio, der wie der Chefredakteur eines Münchner Nachrichtenmagazins immer an die Leser - oder jedenfalls deren Geldbeutel - denkt, hat dieses Konzept aufgegriffen. Um viele Seiten zum niedrigen Preis bieten zu können, mußte er allerdings zusätzlich auf Farbe fürs Cover verzichten, das nach seinen Angaben bei den üblichen Verlagserzeugnissen rund die Hälfte der Kosten verschlingt. Dagegen hat er, wie er im Vorwort sagt, an der Qualität der Comics von Leuten wie Wittek, Oliver Ferreira, Tom Plate, Eckart Breitschuh oder Calle Claus keine Abstriche gemacht. Das stimmt, freilich handelt es sich fast ausnahmslos um derbe Satiren oder Trash, wie man das von Weissblech gewohnt ist. Ob die Leser trotz fehlendem Farbcover zugreifen, muß man sehen. Levin Kurio ist sich da offenbar auch nicht ganz sicher. Ließe sich der Comickult etablieren, wäre das zweifellos ein Gewinn für die Comicszene. aa






Shtumm # 1. 32 Seiten, s/w, DIN A5, 1,20 Pfund. Andy Konky Kru, P.O. Box 8892, London SW 15, Great Britain

Andy greift wieder verstärkt seine Bemühungen auf, sich mit Comics ohne Worte international verständlich zu machen. In diesem Heft versammelt er gleich eine ganze Reihe von Künstlern, die wie er bei Comics auf Text verzichten. Viele der Beiträge sind Jam-Comics, die Andy offenbar vor allem in England kreisen ließ. Eigene Arbeiten steuern unter anderem Wittek, Rainer Baldermann und sogar Ulf K. bei. Eine kleine Sensation ist für mich die Seite von Franz von Stuck, einem bayerischen Malerfürsten und Mitbegründer der "Münchner Secession", der in der Art früher Comicmeister wie Winsor McCay in vier Panels einen Galeriebesuch schildert. Im Malerei-Lexikon ist zwar von "universalem Schaffen" Stucks die Rede. Daß dazu auch Comics gehörten, ist mir freilich neu. aa






Stripburek. Comics from the other Europe. 220 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Paperback im Comicbookformat, 2000 SIT. Forum Ljubljana, Metelkova 6, 1000 Ljubljana, Slowenien. www.ljudmila.org/stripcore/com.htm

Freundlicherweise hat mir Andy den im Herbst 2001 erschienenen Band zur Verfügung gestellt, so daß ich noch einmal auf diese ungewöhnliche Publikation hinweisen kann. Das im Untertitel so bezeichnete "andere Europa" ist Osteuropa, eine Gegend, über die wir - wenn nicht gerade dort Krieg herrscht - nicht viel mehr erfahren als über Afrika. Dabei sind Slowenien oder Ungarn nicht weit weg, Tschechien und Polen grenzen sogar an Deutschland an, in Berlin leben inzwischen jede Menge Russen. Diese unbekannte Welt des Ostens öffnet sich mit einem Mal, wenn man dieses Buch aufschlägt. Die vorliegende Ausgabe versammelt Künstler aus 15 Ländern hinter dem einstigen Eisernen Vorhang, also der ehemaligen Sowjetunion, des ehemaligen Jugoslawien und des ehemaligen Warschauer Pakts. Das beste daran: Alle Comics sind, soweit sie getextet sind, in englischer Sprache. Ich verstehe sie nicht alle - manche sind so versponnen oder spielen auf mir unbekannte Gegebenheiten an, so daß ich außen vor bleibe. Die, die ich verstehe, hinterlassen dafür einen umso tieferen Eindruck. Man bekommt eine gelinde Vorstellung davon, wie es ist, in Ländern zu leben, in denen im günstigen Fall Armut herrscht und im ungünstigeren Bomben fallen - auf dem Balkan war in den 90er Jahren Krieg der Normalzustand. Das Buch legt aber zugleich auch Zeugnis ab von vielen interessanten, oft sehr guten Comiczeichnern im Osten. Eine echte Fundgrube. aa






Ten Eyes Anthologie: Babylon Express, 92 Seiten, s/w mit Farbumschlag, 19 mal 20,5 Zentimeter, 8 Euro. Babylon Graffiti (Skizzenbuch), 92 Seiten, s/w, 20,5 mal 9,5 Zentimeter, 1 Euro. Ten Eyes Archiv, Postfach 1418, 90004
Nürnberg
Ten Eyes mal wieder: Die Nürnberger Underground- Künstlergruppe scheint Zuwachs bekommen zu haben, denn statt ehemals drei bis vier Namen sind jetzt schon sieben vertreten. Das ist aber auch schon alles, was man über das Projekt erfährt; Ten Eyes geben sich geheimnisvoll und merkwürdig wie immer. Zugeben muß man, daß ein bestimmter Standard nicht unterschritten wird, denn diese Gefahr gibt es bei Anthologien ja immer. Beide Bücher aneinandergelegt ergeben ein DIN A 4-Format, so daß der Verdacht naheliegt, daß sie zusammen gedruckt und danach auseinander geschnippelt worden sind. Eine gute Idee, denn das Skizzenbuch für nur 1 Euro ist eine Wucht und zeugt von geballter Kreativität. Aber auch das Hauptbuch ist klasse: Acht Geschichten in völlig verschiedenen Zeichenstilen präsentiert es, alles auf seine Art und Weise gut. Höhepunkte sind die Geschichte "Dogma" von Andre Breinbauer, in dem er den Wandel eines Super-Christen zum Jedi-Anhänger zeigt, und FuFu Frauenwahl mit seinem bereits bekannten Ray Murphy, Detektiv der Träume, diesmal im besten Charles Burns-Stil. Positiv fiel mir auf, daß das Preis-Leistungsverhältnis zum ersten mal bei Ten Eyes akzeptabel ist. Dies liegt sicher auch an den Fördergeldern des Kulturamtes der Stadt Erlangen und des Kulturreferates der Stadt Nürnberg. Jo84






Von mir! # 4. Gerhard Försters Comicheftl. 40 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 4,60 Euro. Verlag Schwarzer Turm, St.-Vitus-Straße 10, 36088 Hünfeld. www.schwarzerTurm.de

Im letzten Band seiner autobiografischen Serie läuft Gerhard Förster noch einmal zu Hochform auf, damit wir, die wir sie zu wenig gekauft haben, auch wirklich bedauern, daß es sie künftig nicht mehr gibt. Ehrensache! Hier schildert er nun noch einmal ergreifende Beispiele für seinen Ärger mit den Frauen, er erzählt die Geschichte seiner seltsamen "Scientology"-Karriere zuende, gibt weitere Proben seiner Comicsammel-Leidenschaft, und zum Schluß geht es passenderweise um den Tod. Also, ich muß sagen, diesmal ist kein Ausfall im Heft, anders als in den Bänden 1 und 3. Sogar die eingeschobenen Strips über den Rollstuhlfahrer Franz-Josef, die er mal für ein Behindertenmagazin gezeichnet hat, fügen sich harmonisch ins Ganze ein. Auf der Leserbriefseite deutet Gerhard noch an, welche Schwänke aus seinem Leben nun wohl für immer unerzählt bleiben werden. Da hilft wohl nur, seine Zuflucht bei dem alten James Bond-Motto zu nehmen: "Never say never again". aa






Von mir! Geheimdossier. 32 Seiten, s/w mit verstärktem rosa Umschlag, DIN A5, 2,50 Euro. Gerhard Förster, Winckelmannstraße 2/8, A - 1150 Wien, gerhardfoerster@gmx.at

So sehr die letzte reguläre Ausgabe "Von mir" überzeugt, so sehr enttäuscht das sogenannte "Geheim-Dossier", das mir freundlicherweise wieder Gerd Bonau zum Rezensieren zur Verfügung gestellt hat. Statt der angekündigten "Dinge, die nie hätten ans Licht der Öffentlichkeit kommen sollen", bietet Gerhard Förster hier nur zweitrangige, später überarbeitete oder sehr abseitige Arbeiten an. Sie sind auch nicht so schlecht, daß sie als "Pleiten, Pech und Pannen" amüsieren könnten. Am besten hat mir noch seine Hommage an die Schauspielerin Marie Versini ("Winnetou") gefallen, die ursprünglich für die "Sprechblase" entstanden ist. Dafür wäre aber die Geheimnistuerei gewiß nicht nötig gewesen. aa






Weissblechs weltbeste Comics # 7: Horror aus der Pornogruft. 32 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 3 Euro. Bella Star, die Sternenhure # 1. 28 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 3 Euro. Weissblech Comics, An der Landstraße 5, 23758 Kükelühn. www.weissblech.com

So wie man bei jeder AC/DC-Platte immer schon vorher weiß, wie sie klingt, kann man auch bei Weissblech-Comics immer ziemlich sicher sein, hinter dem reißerischen Cover gewohntes Material vorzufinden. Bei den beiden neuesten Erzeugnissen aus Kükelühn handelt es sich einmal um eine Anthologie in der guten alten EC-Tradition und einmal um den Beginn einer auf drei Bände angelegten Saga. Aus der Pornogruft berichten Eckart Breitschuh, Aha (mit einer für eine Horrorstory allerdings etwas zu seltsamen Geschichte) und Meister Kurio himself. Sogar eine kleine Rahmenhandlung gibt es wie in den 50er Jahren, als der Crypt-Keeper und seine Kollegen die Leser in die düsteren Gefilde einführten. Bei "Bella Star" arbeitet Levin Kurio wieder mit Roman Turowski zusammen, und sie tauchen wieder in ihre bekannte Science-Fantasy-Welt ein, in der zum Beispiel der geifernde Grapsch sein Unwesen treibt. Dabei wird immer deutlicher, daß sich die beiden nicht nur bei "Star Wars", sondern auch reichlich bei klassischen Marvel-Motiven bedienen. Jetzt recyclen sie sogar ganz ungeniert den Sammler, mit dem sich einst die Fantastischen Vier herumschlagen mußten. Aber die Story hat ja keine tiefere Bedeutung, und auch mit solchen Fremdanleihen liest sie sich sehr flüssig und unterhaltsam. aa






Xoomic # 3 (September 2002). 60 Seiten, teilweise farbig, 20 mal 27 Zentimeter, 5 Euro. Frank-Kemter-Verlag, Nürnberger Straße 111 a, 90762 Fürth. www.xoomic.de

News und Rezensionen müssen in diesem Heft nach wie vor hinten Platz nehmen, beanspruchen allerdings jetzt schon insgesamt mehr als die Hälfte des Platzes im Heft. Wichtiger sind der Redaktion offenbar das ausführliche Porträt des Filmregisseurs und Comic-Autors Alexandro Jodorowsky ("Der Inkal"), ein langes Interview mit dem Künstler und Comiczeichner Atak, in dem viel von seiner Grenzgängerei zwischen Grafik, bildender Kunst und Comics deutlich wird, ein weiteres Interview mit Frank Giroud, der in Erlangen 2002 den Max-und-Moritz-Preis als bester Szenarist gewann, und eine in der vergangenen Ausgabe ausgelöste Debatte über den Rang des Donald-Duck-Zeichners Carl Barks. Ganz zu Beginn steht ein mit zwei Seiten recht knapper Erlangen-Report, der vielleicht eher in den News-Bereich gepaßt hätte. Abgesehen von der Frage der Gewichtung der einzelnen Heftteile ist die neue Ausgabe durchweg interessant und lesenswert. Im Dezember soll die nächste Ausgabe erscheinen; dann ist Xoomic ein Jahr alt. aa






Zinehead (September 2002). 8 Seiten, s/w, 17,5 mal 21,8 Zentimeter, 1 Can.-Dollar. Karl Thomsen, P. O. Box 2061, Winnipeg, Manitoba R3C 3R4, Canada. www.escape.ca/~mosfog

Karl Thomsen hat nach der Einstellung seines Magazins "Sunburn" Wort gehalten und veröffentlicht die einstige Info-Beilage weiter. Im "Zinehead" werden ohne viele Umstände Fanzines aufgelistet. Akribisch sind bei fast jedem Herausgeber, Format, Adresse, Preis und Erscheinungsweise genannt. Optional wird eine kurze Einschätzung der Publikation hinzugefügt. Wir bewegen uns hier natürlich im anglo-ameri-kanischen Sprach- und Kulturraum: Der Großteil der aufgezählten Magazine stammt aus USA, Kanada, England und Australien. aa






Benedikt Beck: Fredo Crayszowski. 32 Seiten, s/w mit Farbumschlag, DIN A5, 3 Euro. Fake Press, Andreas Heinze, Schultheißstraße 13, 46047 Oberhausen

Zwei Freunde sprengen mit einem Sylvesterkracher einen Teil ihrer Schule in die Luft und werden vom Direktor zur Strafe in ein "militärisches Züchtigungslager" geschickt, wo sie allerdings die Disziplin untergraben und ein Chaos anrichten. Dies ist natürlich ein Funny, und sein Autor ist mit einem recht trockenen Humor ausgerüstet. Zeichnerisch verspricht das Cover - nicht nur durch die professionelle Colorierung, sondern auch durch souveräne Strichführung - mehr, als der Comic im Inneren hält. Benedikt Beck bevorzugt kleine Panels, und in denen verkrakelt er mitunter seinen eigenständigen Strich. aa






Jähling: Terrain Vague. 52 Seiten, s/w, DIN A4, 2,50 Euro. Dreadful Gate Productions, www.dreadful-gate.de

Nach seinem 24-Stunden-Comic hat Jähling gleich das nächste Experiment gestartet: Er versuchte, fast ein Jahr lang jeden Tag einen Comicstrip zu zeichnen. Den Vorsatz konnte er nicht ganz einhalten - manchmal hielten ihn andere Verpflichtungen vom Zeichnen ab, und dann reichte es nur für zwei bis drei Strips pro Woche. Aber insgesamt ist ein ordentlicher, spannender Comic mit 170 Strips dabei herausgekommen. Also: Experiment geglückt. Jähling hatte zu Beginn bereits eine Story im Hinterkopf. Trotzdem bot der Strip mannigfaltige Möglichkeiten, Figuren zu entwickeln oder Nebenhandlungen einzufügen. "Terrain vague" ist der französische Ausdruck für "Brachland". Für den Autor sind das die wenigen Bereiche in der Stadt, die noch nicht videoüberwacht sind. Genau da halten sich in dieser Story Monster und Freaks auf, die man normalerweise nicht zu Gesicht bekommt. Die Heldin, Bianca, fällt in ihre Hände und lernt ihre Welt kennen. Fluchtversuche mißlingen, obwohl die Monster eigentlich ganz nett zu ihr sind. Aber die Polizei hat Verdacht geschöpft, als Bianca plötzlich von ihren Überwachungsbildschirmen verschwand. So werden die normalen Verhältnisse am Ende wiederhergestellt. Jähling hat jeden neuen Strip aktuell ins Internet gestellt, um den täglichen Abdruck in der Zeitung nachzuahmen. Wenn man das komplette Album vor sich hat, ist schwer nachzuvollziehen, ob einen diese Geschichte in "Akte X"- oder "Men in Black"-Manier wirklich jeden Tag gefesselt hätte. Das nötige Durchhaltevermögen zu einem großen Wurf hat Jähling aber auf jeden Fall. aa






Hanne Leese: Unter Axtmördern. 32 Seiten, s/w mit Farbumschlag, DIN A5, 3 Euro. Fake Press, Andreas Heinze, Schultheißstraße 13, 46047 Oberhausen

Nachdem sich Hanne Leese an einem heftlangen Krimi versucht hat ("Auch Leichen haben Feierabend"), legt sie nun im gleichen Verlag ein Heft mit drei Kurzgeschichten vor. Hatte der Krimi ein wenig unter der etwas unwahrscheinlichen Story von einer verschwindenden und immer wieder unerwartet auftauchenden Leiche gelitten, so erzählt sie jetzt mit ein wenig übernatürlichem Einschlag (über Pillen, die ein überempfindliches Gehör schenken, unheimliche Schlingpflanzen und angreifende Halloween-Kürbisse), und das macht sich eindeutig besser. Die drei Stories werden durch zwei Hauptpersonen verklammert, die in den ersten beiden Geschichten einzeln und in der dritten gemeinsam auftreten. Das hat aber keine inhaltliche Bedeutung, sondern soll nur Kontinuität signalisieren, die Leese auch durch ihren soliden, durchgängig guten und gefälligen Zeichenstil herstellt. aa






Till Lenecke: Sand zwischen den Zähnen. 16 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A4, 2,50 Euro. Weissblech Comics, An der Landstraße 5, 23758 Kükelühn. www.weissblech.com

Zugegeben: Dies ist eine viel epischere Geschichte, als ihre sieben Seiten vermuten lassen. Till Lenecke trifft den beinahe schon literarischen Ton wehmütiger Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit der Kindheitsabenteuer genau. Vier Freunde machen sich auf zu einer Insel in der Elbe, fühlen sich unabhängig und frei, aber ihre Freundschaft überdauert die kommenden Jahre und Jahrzehnte nicht. Die Geschichte brauchte auch keine einzige Seite länger zu sein, um ihre Botschaft zu vermitteln. Trotzdem wirkt es schon ein bißchen eigenartig, diese Geschichte als eigenes Heft präsentiert zu bekommen. Nur mühsam und mit ein paar leeren Blättern läßt sie sich dazu aufblasen. Da wäre mir eine Anthologie mit zwei bis drei weiteren Stories ähnlichen Kalibers doch weitaus lieber gewesen - zumal Till Lenecke ja dazu neigt, mit vielen Geschichten immer wieder eine Geschichte zu erzählen. Ein Sammelband würde sich damit anbieten. aa






Mawil: Strandsafari. 80 Seiten, s/w mit Farbumschlag, DIN A5-Broschüre, 10 Euro. Verlag Schwarzer Turm, St.-Vitus-Straße 10, 36088 Hünfeld. www.schwarzerTurm.de oder www.mawilcomix.de

Am Anfang können sie sich stets nicht ausstehen - der Held und das Mädchen in alten Hollywoodfilmen. Und dann verfolgt man mit wachsendem Vergnügen, wie sie sich doch unweigerlich näher kommen. Auch wenn solche Liebesgeschichten oft traurig enden. Das ist der Stoff, in den man sich immer wieder hineinträumen möchte. Die Geschichte von Mawil ähnelt in mancher Beziehung diesen alten Hollywoodfilmen - nur, daß der Held bei ihm kein Held ist, sondern - naja, ein Hase. Mawil gibt sich alle Mühe, seine unförmige Funnyfigur mit Brille und schütteren Schlappohren zu einem ernsthaften Helden zu machen. Seitenlang schildert er den Schiffbruch des Hasen, seine mühsame Nahrungssuche am Strand, seine nächtlichen Schrecken, bis er sicher sein kann, daß wir Leser den Hasen als Held akzeptieren. Bei den drei Mädchen, die an dem einsamen Strand Badeferien machen, staubt er schließlich ein Käsebrötchen ab. Und so geht dann nach etwa der Hälfte des Buchs endlich die eigentliche Geschichte los. Zuerst ist es beinahe nur eine eine Eincreme- und Badespaßbekanntschaft. Der Hase kann sprechen, aber er versteht die Menschen nicht so richtig - Mädchen noch viel weniger. "Wollen wir n'bißchen rumknutschen", fragt sie ihn nach einiger Zeit und fügt schnell hinzu: "Das war ein Sche-herz!" Dann kommt der Moment, in dem die beiden anderen Mädchen fragen: "Jetzt mal ehrlich: Was läuft da zwischen euch?" Aber da ist es schon beinahe vorbei. Der Hase hat das Foto von dem Jungen gesehen, und er könnte sich vorstellen, daß sie vielleicht wegen ihm weint. Und dann kann jedes Wort, das er sagt, nur falsch sein. Sie scheucht ihn weg, und dann sucht sie ihn. Auch diese Liebesgeschichte muß traurig enden. Aber es ist erstaunlich genug, daß Mawil mit diesem Nicht-Helden überhaupt eine Liebesgeschichte zustandebringt. Er erzählt sie mit großer Ruhe und völlig souverän und erzeugt genau jene bittersüße Stimmung, die man von einer guten Liebesgeschichte erwartet. Ein Meisterwerk, wie man ihm nur selten begegnet - nicht nur in den Comics. aa






Diana R. Sassé: Antique White House # 1. Saturnalia und andere Haremsgeschichten. 80 Seiten, s/w mit Farbumschlag, 8,50 Euro. Edition Rhein-Trio, Birsigstraße 115, CH - 4054 Basel. www.antique-white-house.de

Schon in ihrer vorhergehenden Serie "Doudou" hatte Diana R. Sassé munter Zeiten, Orte, Figuren und Mythen zu einer ganz eigenen Melange verquirlt. In ihrer neuen Albenreihe treibt sie's noch bunter. Wir befinden uns in einer Parallelwelt, in der sich US-Präsident John F. Kennedy, Fidel Castro, der deutsche Kaiser Wilhelm II. und der russische Zar Nikolaus zu einer Landpartie treffen. Zudem spielt ein Amazonenstamm eine Rolle, und "Mondlicht", ein Elfenwesen aus "Doudou", mischt mit. Generell ist die Welt, die sich die Autorin ausgedacht hat, am 19. Jahrhundert orientiert – mit Pferdekutschen und ohne unromantische Technik. Ob man so eine Fantasywelt faszinierend oder eher bescheuert findet, ist natürlich reine Geschmacksfrage. Was sie mit ihrem Personal in diesen Kulissen anstellt, würde ich dagegen eindeutig in die Rubrik Kitsch einordnen. Kennedy ist mit vier Frauen (darunter neben Jackie auch eine gewisse Norma) und zwei Männern verheiratet (noch so ein verrückter Einfall), und Diana dekliniert die einzelnen Beziehungen in Courths-Mahler-Manier lustvoll durch. Berückend wie immer sind allerdings ihre Zeichnungen. Diana hat ja ihren Schwarzweiß-Stil schon seit längerem perfektioniert, und auch in diesem Werk habe ich mich mit Vergnügen in die Grafik versenkt. aa






Elke Steiner: Rendsburg Prinzessinstraße. Die Geschichte einer jüdischen Kleinstadtgemeinde. 60 Seiten, s/w mit Farbumschlag und Bastelbogen, Softcover, Comicbookformat, 6,50 Euro. Edition Panel, Postfach 10 26 65,
28026 Bremen

Die Geschichte der Juden von Rendsburg in einem Comic zu verarbeiten, ist ein Respekt abforderndes Unterfangen. Elke Steiner hat dazu sogar ein Stipendium vom Jüdischen Museum in Rendsburg erhalten. Ich habe mir diesen Band mit hohen Erwartungen vorgenommen. Leider werden sie nicht ganz erfüllt. Rund 250 Jahre von Ende des 17. Jahrhunderts, als sich offenbar die ersten Juden in der damals dänischen Stadt ansiedelten, bis zur Nazi-Zeit zugleich zu verdichten und anschaulich zu machen, ist keine leichte Aufgabe. Ein Comic mit seinen speziellen Möglichkeiten würde sich dafür aber geradezu anbieten. Elke Steiner schafft es allerdings nicht, Identifikationsfiguren zu schaffen und die Entwicklung dieser jüdischen Gemeinde anhand von typischen Ereignissen deutlich zu machen. Sie ist keine schlechte Zeichnerin, aber nicht eigentlich eine Comiczeichnerin. Mit ihrem an Druckgrafik erinnernden Stil fällt es ihr leichter, zeittypische Trachten darzustellen als wiedererkennbare Gesichter. Sie weiß offenbar sehr viel über jüdische Bräuche und die Besonderheiten des jüdischen Lebens, aber sie versteht es nicht, einen Leser, der sich damit nicht auskennt, in diese jüdische Welt hineinzuziehen. Das Glossar am Ende des Bandes ist da keine wirkliche Hilfe. Kein schlechter Band und sicher vor allem für Spezialisten gewinnbringend, aber für den Durchschnittsleser zu sperrig und schwierig. aa






INKplosion Print-Special # 2. Michael Vogt / Danyael / Mel: Los 7 Mariachis. 32 Seiten, farbig, Comicbookformat, 3 Euro (Deutschland), 3,20 Euro (Österreich). INKplosion Maathuis Reimer Vogt GbR. www.inkplosion.de

Ein perfektes Unterhaltungsprodukt, eng an die Kinowelt des Tarantino-Freunds Robert Rodriguez angelehnt. Es gibt sogar eine Mariachi-Band zum Comic, das heißt zumindest eine Plattenfirma, die das hübsche knallbunte Heft mit einer halbseitigen Anzeige unterstützt. Sieben Mariachis reisen durchs Land, verfolgt von einem aggressiven HipHop-Typen, der sich unentwegt an den schwarzgekleideten Musikern rächen möchte, aber getreu einem alten Sprichwort in die ausgehobenen Gruben stets selbst hineinfällt. Laut Zeichner Michael Vogt sind dem Team die vier Storys eingefallen, während man auf der Autobahn Leipzig - Berlin im Stau stand. Vielleicht soll damit nur entschuldigt werden, daß die Storys in diesem Heft nicht allzu viel Substanz haben. Aber lustig sind sie allemal, dazu sauber gezeichnet und coloriert. Wäre schön, wenn solche Hefte von Kleinverlagen auch mal in der Rubrik "Außerhalb der Fanszene" besprochen werden könnten. aa






Patrick Wirbeleit: Das Baumhaus. 68 Seiten, s/w, Piccoloformat. Patrick Wirbeleit, Telefon und Fax: 0431 / 3050479

Vier Szenen, die mit der Wirklichkeit nicht viel zu tun haben, laufen in diesem Band ab. Ein Insektenschwarm frißt einen Baum auf, bis davon nur noch ein hausförmiger Stumpf übrig ist. Ein knuffiger Bär mutiert zum Monster. Ein netter alter Mann mit Zwirbelschnurrbart brüht einen Tee auf und trinkt ihn mit dem Bär. Man sieht, es geht hier nicht um Inhalte. Das Buch erzeugt dennoch einen gewissen Sog, weil die Transformationen wie in einem versponnenen Zeichentrickfilm abzulaufen scheinen. Patrick Wirbeleit erhielt für diesen Band in diesem Jahr den ICOM Independent Comic Sonderpreis. aa






Conan # 1. 72 Seiten, s/w mit Farbcover, Softcoveralbum, 7,50 Euro. Generation Comics/Panini

Über Conan-Comics sind die Meinungen seit jeher geteilt. Die Condor-Veröffentlichungen, vor allem die Taschenbücher, erfreuen sich trotz indiskutabler Übersetzung, Einfärbung und Seitenverkleinerung eines Kultstatus, während die Alben kaum gefragt sind. Die mit Spannung erwartete letzte Reihe bei Panini konnte Fans nicht wirklich überzeugen, denn das neue Material ist einfach zu unspektakulär und gleichförmig, um zu begeistern. Deshalb hat Panini sich entschlossen, nun lieber das richtig gute Material aus den 70er Jahren zu veröffentlichen, von dem bisher trotz 1 A-Qualität nur Bruchteile in Büchern aus dem Hethke-Verlag vorliegen oder vor Urzeiten als Fortsetzungen in der "Sprechblase" liefen. Dieses Material ist in schwarz/ weiß, was natürlich mit "schlecht verkäuflich" gleichzusetzen ist. Andererseits sind das Material so gut und der Schraffurstil und die Stories so eindrucksvoll, daß man nicht zu früh unken sollte. Panini gebührt schon Respekt für dieses Wagnis, und die fabelhafte Aufma-chung der neuen Albenreihe trägt hoffentlich zum Erfolg bei. Mit der Saga um den Elefantenturm enthält Band 1 auch gleich "die" Conan-Story schlechthin. Texter Roy Thomas, Zeichner John Buscema und vor allem Tuscher Alfredo Alcala ziehen alle Register ihres Könnens. Auch die zweite Story, getuscht von Pablo Marcos, weiß zu begeistern. Nur die dritte Geschichte ist ein dürftiges Füllsel, in dem nicht mal Conan vorkommt. Mit solchen Späßen schafft man sich natürlich keine Freunde. Trotzdem - die Gesamtwertung ist sehr gut. Hoffen wir auf viele weitere Ausgaben. Jo84






Der erstaunliche Spider-Man # 21. 11. September. 52 Seiten, farbig, Comicbookformat, 3,55 Euro. Panini

Ein Jahr nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington bringt Marvel Deutschland die Spider-Man-Ausgabe vom Dezember vergangenen Jahres, in der das Geschehen reflektiert wird. Cover und erste Seite sind schwarz - Autor J. Michael Straczynski und Zeichner John Romita jr. haben wohl gespürt, daß eine Reaktion auf das Geschehen im Rahmen eines Comicbooks schwierig ist. Aber dann wird aufgeblendet: Spider-Man trifft am Ort des Geschehens ein, nachdem die beiden Hochhaustürme eingestürzt sind. Flüchtende Passanten stellen ihm die berechtigte Frage: "Wo wart ihr? Wie konntet ihr das zulassen?" Innerhalb der Logik der Marvel-Superhelden verwundert tatsächlich, daß kein Spinnensinn klingelte, kein Beobachter alles vorhersah, kein Mr. Fantastic die Technologie zur Hand hatte, um die gekidnappten Flugzeuge unschädlich zu machen, bevor sie in die Türme rasten. Auch einem Thor, Silver Surfer oder gar Hulk hätte es ein Leichtes sein müssen einzugreifen. Stattdessen sehen wir jetzt die Helden konsterniert, aber auch heldenhaft entschlossen beim Schutträumen und beim Bergen von Verletzten und Toten. Und sogar ein Dr. Doom zerdrückt eine Träne der Trauer - obwohl er ja gar kein Amerikaner ist! Wir befinden uns an einem Bruch im Marvel-Universum. Natürlich wäre es jedem amerikanischen Leser wie Hohn erschienen, wenn die Superhelden, die auf Pulp-Papier schon so manche intergalaktische Bedrohung New Yorks abgewendet haben, in diesem Fall die Geschichte umgeschrieben hätten. Aber Marvel erhebt ja im Gegensatz zum Konkurrenten DC den Anspruch, daß sich seine Storys in der realen Welt zutragen. Jetzt hat die reale Welt zurückgeschlagen und die Superhelden desavouiert. Das schöne Spiel war immer schon eine Illusion. Bei einer echten Katastrophe taugen die vermeintlichen Retter höchstens zum Mitleiden und zeigen damit: Superhelden braucht eigentlich niemand. aa






Flesh Angels. 32 Seiten, farbig, Comicbookformat, 4 Euro. VonPhantasi Studios, James Wood-ward, Hainstraße 1, 61476 Kronberg/Taunus. www.vonphantasi.com

Am Anfang steht ein kurzer e-Mail-Austausch zwischen "Mel" und "Jojo". Mel wirft Jojo vor, geschnitten zu werden. Jojo streitet das ab und entschuldigt sich mit viel Arbeit. Das macht neugierig darauf, was hinter dieser Verstimmung steckt. Aber gleich auf der nächsten Seite dreht der Comic in den Wahnsinn ab: Augen starren in dumpfer Verzweiflung und quellen aus dem Kopf, die Kopfhaut wird abgezogen, Finger krümmen sich, Zähne werden gefletscht, Totenschädel grinsen. Hinzu kommt ein Weltschmerz-Text, der unangenehm an Lyrik aus "Kreativo" erinnert. Der Zeichner mit Künstlernamen VonPhantasi stammt laut Internet-Information aus der Nähe von Boston, zeichnete schon in früher Jugend talentiert Superheldencomics (was man ihm sofort abnimmt) und ist heute Computerdesigner in der Nähe von Frankfurt. Stolz präsentiert er ein Foto, das ihn gemeinsam mit dem "Alien"-Designer H. R. Giger zeigt. Am ehesten erinnert sein Stil an Bill Sienciewicz zu seinen guten Zeiten. Inhaltlich ist sein Comic allerdings seltsam bis belanglos. aa






Maddrax. Die dunkle Zukunft der Erde # 1. 52 Seiten, farbig, Bastei

"Maddrax" ist eine neuere Heftromanserie, die Herod hier schon mal in PLOP # 60 vorgestellt hat. Chefautor Jo Zybell hat den Anfang der Serie nun zusammen mit Zeichner Bernhard Kolle und Colorist Jürgen "Geier" Speh in einen Comic verwandelt. Das Resultat ist durchaus ansprechend: ein albumlanges, sehr solide gezeichnetes Abenteuer. Es ist ein seit H. G. Wells ' "Zeitmaschine" oft benutzter Plot von der Reise in eine barbarische Zukunft - man kann auch an den "Planet der Affen" denken oder im Comicbereich an Bernets "Andrax" (an den sich möglicherweise auch der Name des Titelhelden anlehnt) oder an "Storm" von Don Lawrence. In einer solchen Zukunftswelt kann wirklich alles passieren, für den Autor ist es also ein denkbar offenes Konzept. Bei "Maddrax" werden im wesentlichen aber nur Kämpfe mit unterschiedlichen Mutantenmonstern aneinandergereiht. Zybell spielt also fast ausschließlich die Action-Karte. Im übrigen scheint er die Heftromane relativ originalgetreu nachzuerzählen. Will man da Synergieeffekte nutzen - Comicfans für die Heftromane gewinnen oder die Romanleser dazu bringen, sich das Epos in anderer Form ein zweites Mal zuzulegen? Obwohl der Comic seine Qualitäten hat, überzeugt er daher nicht völlig. aa






Usagi Yojimbo # 9. 84 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Softcover, Comicbookformat, 12 Euro. Verlag Schwarzer Turm

Der "Leibwächter Hase" - so die Übersetzung des Titels - ist eine Schöpfung eines japanstämmigen Amerikaners, und so fließen in diesem Comic japanische Inhalte und amerikanische Comiczeichenkunst zusammen. Drei jeweils rund 20 Seiten lange Geschichten sind in dem Band versammelt. Zweimal geht es um Duelle von Usagi mit anderen Samurais. Die Folie dafür liefert jeweils der eigentümliche Ehrenkodex der Samurais. Die dritte Geschichte erschien mir interessanter: Usagi kommt in ein Dorf, das von einem Brückengeist tyrannisiert wird. Bei einem Angriff wehrte sich Usagi, indem er ihm eine Hand abschlug. Als der Geist sich nun seine Hand gewaltsam zurückholen will, stellt sich ihm der Samurai-Hase auf der Brücke, in seinem Machtbereich. Einer der Dorfbewohner nimmt sich ein Beispiel an Usagis Mut, und durch sein beherztes Eingreifen kann der Geist schließlich besiegt werden. Sakai erzählt hier ebenso klar und geradlinig, wie er zeichnet. Die einst von Carlsen begonnene Serie wird fortgesetzt. Gehobene Unterhaltung ist in jedem Fall garantiert. aa






Holger Aue: Motomania # 6. 48 Seiten, farbig, Hardcoveralbum, 12,95 Euro. Eichborn

"Ist es zu laut, bist Du zu alt" ist der Titel des 6. Bandes der für Motorradfahrer zum Kult avancierten Comicserie von Holger Aue.Bekannt durch die Zeitschrift Motorrad richtet sich die Serie, ähnlich wie etwa Joe Bar Team und im weitesten Sinne auch Werner, vor allem an Leute, die eigentlich keine Comics lesen, sondern Motorrad-Freaks sind. Die können richtig darüber lachen, wenn Hinnerk Wippermann, der Meister des geöffneten Gasgriffs, Bernd Breidscheid und seine Eigenbau-Kawasaki sowie Duc Döttinger auf Harry Quiddelbacher und Holli Hatzbach treffen, in deren Adern reinstes Super-Plus fließt. Für reine Comicfans ist die Serie eher belanglos, bietet sie doch von Franquin beeinflußte Durchschnittszeichnungen mit motorradspezifischen und eher harmlosen Gags. Jo84






Gerald Chmielewski: Hein de Kaptain - Störtebeckers Schatz. 48 Seiten, durchgehend farbig, 17 cm x 23,5 cm, 1999, brosch., 5 Euro, ISBN 3-89598-603-8, Isensee Verlag, Oldenburg.

Hein de Kaptain ist ein verwegener Seemann, der in bester James-Bond-Manier zwei Ganoven den Schatz von Klaus Störtebeker abjagt. Ist auch das Titelbild zu diesem Comic gut gezeichnet, so legt sich beim Blick auf die inneren Seiten die Stirn in Falten, denn da sehen die Panels recht schülerhaft aus. Ist das ein Jugendwerk des Zeichners, der anderswo Besseres abliefert? Die Sprechblasen sind laienhaft, das Lettering grauslich, Punkte am Satzende fehlen. Die Zeichnungen selbst sind mit Filzstiften koloriert und schon sorgfältig ausgearbeitet, aber es mangelt an Professionalität. Trotzdem habe ich den Comicband in einem Zug ausgelesen und war, als ich mich erst einmal an die Zeichenweise gewöhnt hatte, sehr gut unterhalten. Der Pluspunkt liegt eindeutig bei Handlung und Text. 11 bis 14jährige werden ihren Spaß daran haben und lernen nebenbei friesische Heimatkunde und schnodderige Aussprüche. Als Beispiel der Dialog zweier Ga-noven (jede Zeile ein Bild): A: Willst du mir die Ohren strubbelig labern? B: Seh zu, daß du deinen Kadaver raufkriegst, aber zackig. A: Aber Chef, du stehst auf meiner Flosse! B: Fische haben Flossen. Du, mein Freund, hast Geschwüre am Torso! So geht das am laufenden Band, und die Gesichter der schlitzäugigen Containerschiff-Mannschaft, die auf der Brücke Mikado spielt, sind zum Schießen. Kein Wunder, daß der Comicband in Läden zwischen Emden und Cuxhaven reißenden Absatz findet, vor allem bei Touristen - als ideale Strandlektüre für die Kids. kb






Volker Seifen: Seifenblasen - Das erste Buch. 48 Seiten, durchgehend farbig, 17,5 mal 22,5 Zentimeter, gebunden, 9,80 Euro, 2002, ISBN 3-89598-849-9, Isensee Verlag, Oldenburg.

Das erste Buch, in dem Volker Seifen 2002 seine Comics präsentiert, heißt folgerichtig "Seifenblasen". Die Sprechblasen bringt der Oldenburger denn auch sehr gut. Die Witze und Cartoons stammen aus verschiedenen Serien, zum Beispiel "Sprechende Schweine", "Piraten im Glas" oder "Katakombe + Co", eine Katergeschichte. Der Humor ist gewöhnungsbedürftig und nicht umwerfend. Außer, daß alle Strips an der See spielen, besteht kein Zusammenhang. Die Pointe der ausnahmslos gut gezeichneten "Piraten im Glas" besteht darin, daß sie in einem Buddelschiff sitzen, von dem aus sie die Welt betrachten. Das Comicbuch ist gut und schlecht zugleich. Volker Seifen hat seinen eigenen Stil, der sehr locker ist, wenn auch etwas aufgeblasen. Vier Bilder, wo eines genügte. So etwas paßt in Zeitungen und Zeitschriften, nicht unbedingt in ein Buch, das stolz wie ein Geschenkband daherkommt. Nun, wo fehlt's? An der Substanz. Zum Beispiel sagt in "Unsa Dieta" eine dicke Frau: 'Als Kind konnte ich gut Arschbomben vom Dreier'. Das möchte man nicht nur als Text, sondern als Denkblase des danebensitzenden kleinen Jungen mitgeliefert bekom-men. Zeichnen kann Volker Seifen, warum tut er's hier nicht? Für PLOP-Leser ist das Buch auf jeden Fall interessant, als Beispiel für das gebundene Erstlingswerk eines Comiczeichners. Gut ausgestattet mit schönem Karton und weißem Papier ist es ein erfreuliches Produkt auf dem Comicmarkt, das zeigt, daß der Isensee Verlag, von Haus aus der maritimen Literatur verschrieben, auch ein Herz für Comiczeichner hat. kb






Jacques Tardi:Grabenkämpfe. 128 Seiten, dreifarbig, Hardcoveralbum, 19,80 Euro. Edition Moderne

Wie lange mußte ich auf diesen Band warten! Endlich veröffentlicht Edition Moderne Tardis bestes, im Original bereits 1993 erschienenes Album als bereits 26. lieferbares Buch in ihrem Verlag. In etlichen Ausstellungen war mir bereits das Artwork dieses Werkes aufgefallen, das wegen seiner düsteren Stimmung und rigorosem Gebrauch dunkler Rasterfolien sogar aus Tardis Lebenswerk positiv heraussticht. Es geht um Einzelschicksale von Grabenkämpfern des ersten Weltkrieges. Egal, auf welcher Seite sie standen, sie alle wurden um ihr Leben betrogen. 10 Millionen Soldaten starben in diesem Krieg, und diejenigen , die ihn überlebten, waren fürs Leben gezeichnet. Tardi erfasst diese Einzelschicksale anhand von 30 bis 40 Beispielen, stellvertretend für alle anderen. Manche nur auf 2 bis 3 Seiten, andere Geschichten sind länger. Ergänzt werden die gezeichneten Seiten durch Textpassagen. Tardi hat es sich mit diesem Band nicht leicht gemacht, sicher war es sein aufwendigster. Er hat Zeitzeugen interviewt, 3 Dutzend Filme und noch mehr Bücher genauestens studiert, um das Elend des Krieges historisch korrekt und vor allem ungeschont realistisch darstellen zu können. Was bleibt ist ein Werk, das schockiert und deprimiert, anklagt und bemitleidet, mahnt und in Frage stellt. Nützen wird es nichts, der nächste Krieg kommt so sicher wie das Amen in der Kirche, aber zumindest die Leser dieses Albums werden nicht sagen können, sie hätten nicht gewußt, was sie erwartet. Jo84