(Plop Online Comics, hier klicken)  
Anmerkung: Das da unten sind alte Comic-Besprechungen die im Comic Fanzine 'Plop' erschienen. Die meisten sind von Andreas Alt ('aa') verfasst. Natürlich sind die Angaben nicht mehr gütig, Hefte vergriffen, Zeichner umgezogen, Währung geändert etc. Aber für den einen oder anderen vielleicht ganz interessant hier zu schmökern...

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Plop 68
Besprechungen



Envelope: Self. 40 Seiten, s/w mit Farbcover, über DIN A 5 quer, c/o Ulrich Wirtz, Bergheimer Str. 10, 50181 Bedburg
 
Nach fünf Jahren nahm sich Envelope bzw Ulrich Wirtz (siehe PLOP 67) die Zeit, einen Traum wahrzumachen und eine eigene, komplett selbst gezeichnete Comicgeschichte zu verlegen. In diesem Comic, von dem mir die Version 1.0 vom Frühjahr 2003 vorliegt, geht es um einen persönlichen Erneuerungsprozeß. Die Hauptfigur erlebt einen Tagtraum, in dem sie sich Schicht für Schicht von ihrer Persönlichkeit löst, begleitet von der Erscheinung archetypischer Zeichen. Am Ende steht eine völlig andere Sichtweise auf das Leben, weshalb die bisherigen Prioritäten über Bord geworfen werden. Ulrich hofft, daß er dem Leser, der sich die Mühe macht, den Comic etwas längere Zeit anzusehen, etwas Positives vermitteln kann. Sicherlich ist die Message, Leuten Mut zur Bewußtseinserweiterung zu machen, löblich. Leider setzt Ulrich Erklärungen oder Begründungen sehr sparsam ein. Die bildgewaltigen Visionen, von denen sich Ulrich reichlich an Op-Art-Effekten bediente, überkommen den Protagonisten nicht etwa nach Konsum von LSD (was ähnliche Wirkungen oder auch im Nachhinein veränderte Sichtweisen erklären würde), sondern "einfach so", und das ist, selbst wenn man sich den Comic gerne zu Herzen nehmen möchte, natürlich nicht leicht nachzumachen. Die wunderschön gezeichnete Schlüsselsequenz würde sicherlich jeden, der sie "live" erlebt, verändern. Leider stellt Envelope aber keine Alternativen zum bisherigen Leben vor, so daß nach der Verwandlung für Protagonist und Leser nur die Frage bleibt "Und was nun?“ Als Denkanstoß ist "Self" aber durchaus brauchbar. Jo84
 
Aaron Jordan: Noi. Abenteuer auf großem Fuß. 24 Seiten, s/w, DIN A 5, 1 Euro. Hörnderl Verlag, Aaron Jordan, Klauprechtstraße 35, 76137 Karlsruhe
 
Bescheiden, aber beharrlich tritt der seltsame Vogel Noi, eine Schöpfung des Karlsruhers Aaron Jordan, schon seit geraumer Zeit mit Onepagern in PLOP auf. Nun wurde der Pietmatz mit den furchterregend großen Füßen erstmals in ein größeres Abenteuer geschickt. Naja, die Dimensionen einer Heldensaga hat es noch nicht. Auf 20 Seiten reist Noi aber immerhin „quer durch die Rühreigalaxie“ zum Planeten Ovarium, um da eine ganz spezielle Mission zu erfüllen. Wie der eine oder andere schon ahnen dürfte, geht es um das Ausbrüten eines Eis, wozu Noi von einer außerirdischen Rasse gummiartiger Wesen genötigt wird. Bloß hat Noi als Vogelmann für diese Aufgabe denkbar schlechte Voraussetzungen... Aaron Jordan schafft es, auch im größeren Format den liebenswert-naiven Grundton seiner Noi-Comics exakt zu bewahren. Er ist ein völlig eigenständiger Künstler, der in seinem Phantasie-Universum ganz zuhause und in der Lage ist, alles zeichnerisch umzusetzen, was er sich nur vorstellen kann. Manchen mag die drollige Geschichte vielleicht ein bißchen zu niedlich sein, aber für Noi-Fans, von denen es unter den PLOP-Lesern ja nicht wenige gibt, ist das Heft ein Muß. -aa
 
Moritz Stetter: Grauzone # 1. 40 Seiten, s/w, DIN A 5, 1,50 Euro. Geniale Welt # 2. 28 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 2,90 Euro. Moritz Stetter, Stirnenweg 16, 70378 Stuttgart
 
Moritz Stetter ist gerade sehr produktiv. Die beiden Hefte erschienen in relativ kurzem Abstand, jeweils mit ausschließlich eigenem Material angefüllt. Es scheint, als ob er nun genau wüßte, was er sagen möchte. Sein Zeichenstil wirkt nun auch flüssig und ausgereift. Für mich paßt trotzdem beides nicht recht zusammen. Moritz versucht, mit Funnyfiguren moralische Probleme zu erörtern, und das kommt mir ein wenig vor wie Rehbraten mit Ketchup. Nun ist es natürlich jedem unbenommen, welche Botschaft er unters Volk bringen möchte, und – sofern es sich um einen Comic handelt – wie er den gestaltet. Aber wenn ich an das naheliegendste Beispiel eines Funnycomics denke, der ein ernstes Thema behandelt, nämlich „Maus“ von Art Spiegelman, so muß ich doch feststellen, daß seine Mäuse, Katzen und Schweine nichts mit Disneyfiguren zu tun haben. Es wäre unangemessen und würde die Aussagekraft seines Werks mindern. Bei Moritz geht es oft darum, wie die Jugend 1000 Jahre nach 1968 noch glaubhaft neue Wege gehen kann, ohne Rattenfängern oder der allgegenwärtigen Werbung auf den Leim zu kriechen. Er scheint den Verdacht zu hegen, daß das kaum noch möglich ist, und vielleicht ist das Auseinanderfallen seines grafischen und seines inhaltlichen Ausdrucks genau dafür ein Ausdruck. -aa
 
Baustrip # 1-8. Je 24 Seiten, s/w, 7,5 mal 21 Zentimeter (Piccolo). Edition Rostfraß, c/o Wittek, Schulweg 29, 20259 Hamburg
 
Die Hamburger Kreativclique um Wittek, Till Lenecke und Oliver Ferreira hat wieder zugeschlagen. Bereits seit Jahren läßt sich eine Ansammlung von Comiczeichnern bemerken, die sich um diese treibenden Kräfte schart und ständig wächst. Berüchtigt bei Hamburger Comiczeichnern sind die sogenannten „Baui-Feten“, benannt nach dem Kinderabenteuerspielplatz, auf dem Erzieher Till Lenecke arbeitet, und den er auch privat nutzen darf. Neben der Draußen-Atmosphäre bietet dieser auch ein Gebäude, das ideal als Kreativtreff ist. Eine Idee war schnell geboren: Ein komplettes Wochenende in netter Runde so konzentriert an einem Comic arbeiten, daß er fertig wird. Spaß gemacht hat es sicher, und auch wenn die Vorgabe nicht immer ganz so penibel eingehalten wurde und manche ein bißchen geschummelt haben, ist auch was dabei rumgekommen. Acht fertige Piccolos sind‘s geworden, von unterschiedlichen Autoren und natürlich unterschiedlicher Qualität. Wittek bietet mit Knattertonk eine äußerst spaßige Nick-Knatter-ton-Hommage (Heft 1), Haina suhlt sich im Schmerz der enttäuschten Liebe (2), Maikel Das seziert die Regeln eines 08/15-Science Fiction-Plots (3), Till Lenecke autobiographt sein Silvester 2002 in gewohnt guter Qualität (4), Rene Roggmann und Olli Ferreira schildern denselben Abend eher fiktional (5), Calle Claus/Wittek/Haina spinnen eine Story um einen Mann mit Blumentopf (6) und Fabian Stoltz schildert das unterschiedliche Silvester zweier Freundinnen (7). Etwas aus dem Rahmen fällt Roland Trosts Silvesterbeschreibung, da er sich gerade in Brüssel aufhielt und seine Beobachtungen in französischer Originalsprache festhielt, um so den Leser, egal ob mit Sprachkentnissen oder nicht, ebenfalls zum Beobachter zu machen. Ein interessantes Experiment war die Aktion allemal, und unter den geschaffenen Werken befindet sich auch kein Durchhänger. Jo84
 
cOMIc # 51. 28 Seiten, s/w, DIN A 5, im Tausch gegen Beiträge oder andere Fanzines. Gerd Bonau, Gabelsberger Straße 14, 24148 Kiel
 
Im neuen Heft wechseln sich Comics und Skizzenmaterial, letzteres überwiegend von der Hamburg-Connection um Wittek, offensichtlich auf irgendeinem Comicfestival entstanden, munter ab. Moritz Stetter wendet seinen seltsam moralischen Humor diesmal in zwei Comics auf den Zweiten Weltkrieg an. Vielleicht ist es auch eher so, daß er Funnyfiguren in tragischen Situationen einsetzt. Geistreich sind die Onepager von Jesse Breytenbach zu Beginn und von Ulrich Magin zum Schluß. Da Herausgeber Gerd Bonau sich diesmal mit zwei Seiten Rezensionen abarbeiten mußte, hat er seinen Artikel über „Spiderman“-Veröffentlichungen in Italien auf ein paar Zeilen beschränkt. Die Comicographie dürfte aber wie immer vollständig sein... -aa
 
Ein paar Anmerkungen zu Comics von Frank Günther, Aßmannshauser Straße 38, 28199 Bremen
 
Eine Kostprobe von Frank Günthers Comics findet Ihr in diesem Heft. Als er kürzlich per Internet auf PLOP aufmerksam wurde, hatte er, wie er schreibt, selbst schon nahezu 150 eigene Comichefte herausgegeben. Die Geschichte dazu hat er mir auch erzählt, und die ist ebenfalls bemerkenswert: Seine Hefte haben meist acht bis zwölf Seiten im Format DIN A 6. Auf die Titelseite pflegt er ein Farbfoto zu kleben. Das Ganze wird dann für einen Euro an einem Bremer Kiosk verkauft, „dessen Verkäufer (mein Kumpel) oft der Held der Geschichten war“, berichtet Frank. Der Großteil der Hefte trägt den Titel „CKV“, was „Cooler Kioskverkäufer“ bedeutet. Ein umfangreicheres Heft namens „Killing Joe“, das er mir mitgeschickt hat, beinhaltet eine Gangstergeschichte mit stoppelbärtigen Mäusen. Interessant sind die Titelfotos, vielleicht interessanter als die Comics selbst: Auf denen arrangiert Frank nämlich Szenen mit Knetfiguren. Die sind im Stil von Nick Parks Animationsfilmen („Wallace und Gromit“; „Chicken Run“) gestaltet und stehen ihnen jedenfalls nicht viel nach. Manchmal zeichnet Frank solche Fotos nach. Er scheint auch viel mit Farbcomics zu experimentieren. Den 20seitigen Band „Dynamite Duo: Krieg dem Terror“ hat er mir in Form eines Fotoalbums zugesandt. Die Farbseiten hat er einzeln abfotografiert und in ein passendes Fotoalbum gesteckt. Laut Cover wird auch dieser Comic verkauft (8 Euro), den teuren Farbdruck scheint Frank auf diesem Weg zu umgehen. -aa
 
Jens Natter: Comics – pädagogisch betrachtet. Ein Sachcomic. 68 Seiten, s/w mit rotem Cover, DIN A 5, 5 Euro. Jens Natter, 5, Rue de General de Gaulle, 68300 St. Louis, France
 
Eine wissenschaftliche Arbeit in Comicform – ist das nun ein Zeichen für verbohrte Vorurteile gegen Comics, die noch immer überwunden werden müssen, oder eher eben dafür, daß sie eben nicht mehr existieren? Jens Natter will jedenfalls untersuchen, ob Comics sich als pädagogisches Hilfsmittel eignen, und hat seine Arbeit in Panels und Sprechblasen verpackt, um dem Vorwurf des „Bildidiotismus“ zu begegnen. Dazu läßt er, ganz reizvoll, die vermenschlichte Sprechblase „Schnacki“ reden. Richtig in ihrem Element ist Schnacki erst im letzten Teil dieses Hefts, wenn sie über konkrete Möglichkeiten und Projekte berichtet, Comics im Unterricht oder in der Sozialarbeit einzusetzen. Jens scheint ein Praktiker zu sein. Den Definitionsteil hat er dagegen so knapp wie möglich gehalten. Kritikpunkte und Vorzüge an Comics diskutiert er eher holzschnittartig. Die zu Rate gezogene Literatur ist ziemlich schmal. Ohne viele Umschweife rät er „in Einzelfällen“ zu Comic-Zensur, da Altersbeschränkungen unwirksam seien (da spricht der Sozialpädagoge offenbar aus Erfahrung). Wer in welchen Fällen was zensieren darf, und wer das bestimmen soll, ist nicht mehr sein Thema. Außerdem findet Jens Vorwürfe zumindest teilweise berechtigt, daß Comics Gewalt vermitteln. Jedenfalls gilt das seiner Ansicht nach für minderwertige Comichefte. Auch in diesem Punkt hätte ich mir eine vertiefte Betrachtung gewünscht. Unzweifelhaft schätzt der Autor das Selbermachen, das kreative Lernen mit Comics mehr als den bloßen Konsum, was bei seiner Absicht, das Bildermedium zum pädagogischen Einsatz zu empfehlen, nicht verwundert. Hätte er aber dafür die Trivialkultur in Bausch und Bogen verteufeln müssen? Sicher hat er recht, daß schnell produzierte Comichefte nach TV-Zeichentrickserien meistens Müll sind, aber damit hat er das weite Feld des Trivialen noch längst nicht abgesteckt. Am Ende berichtet er selbst, daß er mit einer Gruppe vaterlos aufgewachsener Jugendlicher einen Stapel Superheldencomics durchgeschmökert, über Handlungsmuster gesprochen hat und dadurch über ihre persönliche Situation ins Gespräch gekommen ist. Dazu kann also selbst trivialer Schund taugen. Als wissenschaftliches Werk hat der Comic seine Mängel, als Essay würde ich ihn aber durchgehen lassen. Und den Aufruf, sich mit dem Medium Comic ernsthaft auseinanderzusetzen, statt es billig abzutun, kann ich natürlich nur unterstützen. Jens Natters Arbeit ist sicher nicht die erste wissenschaftliche Arbeit in Comicform, aber die erste, die mir untergekommen ist, in der der Leser permanent keß geduzt wird. -aa
 
Geschrammel # 2. 24 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 5, 2 Euro. Jens Natter, 5, Rue de General de Gaulle, 68300 St. Louis, France
 
Ein Comicfanzine, das praktisch nur Beiträge abdruckt, die mit Musik zu tun haben – eigentlich keine schlechte Idee, aber schon sehr speziell. Die Schnittmenge zwischen Comics und Musik existiert zwar, aber ob sich viele Zeichner finden, denen zu Bands etwas einfällt, ist hier die Frage. Denn schließlich geht es nicht um Britney Spears, die jeder kennt, sondern um White Stripes, Mars Volta oder höchstens mal Radiohead. Und die, kann ich mir vorstellen, kennt halt nicht jeder. So kommt „Geschrammel“ daher wie beispielsweise Omi: lauter kurze Beiträge, die man sehr schnell durchgeblättert hat. Nett für zwei bis drei Minuten, länger hält es leider nicht vor. Diesen Umstand hat Jens wohl auch bemerkt, bedauert er im Vorwort doch das Fehlen einer längeren Geschichte. Aber dies ist ja sicher nicht die letzte Ausgabe. Jo84
 
Ups
# 8. 20 Seiten, s/w, DIN A 5. Armin Parr, Sternbergstraße 56, 72116 Mössingen
 
Im August habe ich Armin Parr persönlich kennengelernt. Ich habe mich mit ihm und Moritz Stetter in Heinzelmännchens Comicladen getroffen, und wir sind dann zusammen zum Stuttgarter Comicstammtisch gegangen. Armin wirkt wesentlich normaler als seine ziemlich abgedrehten Comics. Aber wer trägt schon sein Innenleben ins Gesicht geschrieben. Beim Interpretieren seiner Comics war er mir keine große Hilfe. Meine in einem Mail an ihn geäußerte Vermutung, daß er manchmal einfach Metaphern wörtlich nimmt (wie zum Beispiel: „Er versank in ihren Augen“), hatte er noch im Kopf. Aber er grinste mich nur an, als wollte er sagen: Netter Versuch! Also, in diesem Heft wimmelt es von diesen verkörperlichten Metaphern, die er in einem schönen, Crumb-ähnlichen Undergroundstil zeichnet: Ein athletischer Mann wird von Ratten zerfressen, eine Frau brät sich aus dem Kopf eines abgelegten Verehrers ein Spiegelei, Töne entweichen aus einer Büchse der Pandora und verfolgen den, der sie herausgelassen hat, und so weiter. Armin findet es in einem kurzen Nachwort „nicht so wichtig“, sollte man mit seinen Geschichten nichts anfangen können. Nein, nein, mich faszinieren sie sehr. Aber mit ihrer Deutung bin ich wohl noch nicht soweit. Macht nichts. -aa
 
Kreativo! # 43 (Juni 2003). 32 Seiten, s/w, DIN A 5, 1,50 Euro. Kreativo-Projekt, Birke, Postfach 2022, 58470 Lüdenscheid
 
Mehr als zehn Jahre lang hat das Fanzine „Kreativo!“ das Leben ihrer Herausgeberin Birgit Künsting begleitet und immer wieder stückweise zum Ausdruck gebracht. Der Leser konnte ihren beruflichen Werdegang verfolgen und stieß regelmäßig auch auf persönliche Erlebnisse von „Birke“, wie sich die Herausgeberin nennt. Da ist es bezeichnend, daß nun besondere Lebensumstände diesem Magazin ein Ende setzen. Die Umschulung in Siegen läßt Birke, wie sie im Vorwort dieser Ausgabe schreibt, nicht mehr genug Zeit, es weiterzuführen. Außerdem deutet sie an, daß die Verkäufe für sie unbefriedigend geworden seien. Es dürfte allerdings typisch für ein Projekt dieser Art sein, daß es mehr Mitarbeiter (denen man kostenlose Belege zur Verfügung stellen muß) als Leser gibt. Sie habe jedenfalls zehn Jahre durchhalten wollen, was in der Tat eine bemerkenswerte Leistung ist, und Birke stellt mit aller Vorsicht eine mögliche Rückkehr von „Kreativo!“ in Aussicht. Na, das wäre doch was – irgendwann endet doch jede Umschulung mal. Inhaltlich unterscheidet sich diese Abschiedsnummer nicht von anderen Ausgaben: Es ist der typische bunte Mix von Comics und Lyrik. Klaus Scherwinski und Jo Guhde haben das Cover beigesteuert. Ansonsten sind unter anderem Ghost, Aaron Jordan, Moritz Stetter, Manfred Lafrentz, Olaf Bathke, Arne Auinger, Bernd Teuber und Jan Prose vertreten. Birke bricht sozusagen mitten in der Arbeit ab. -aa
 
Weißblechs weltbeste Comics # 10. Notgeile Töchter des Atoms. 32 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Comicbookformat, 3,90 Euro. Weißblech Comics, Am Hang 9, 24223 Raisdorf
 
Weißblech-Herausgeber Levin Kurio ist offensichtlich nach Raisdorf, den Einkaufspark mit angeschlossener Wohnsiedlung bei Kiel, umgezogen. Sonst hat sich bei ihm aber nicht viel verändert. Das vorliegende Heft wird zwar als erstes mit durchgehender langer Story angepriesen (24 Seiten netto), aber das ist nur für Arbeitsfreude und Disziplin von Bedeutung, die er und sein Co-Zeichner Roman Turowski an den Tag legen mußten. Was uns hier aufgetischt wird, ist eine in Maßen selbstironische Kolportage von der „Day after Doomsday“-Sorte mit nicht allzu viel Gewalt und nur ein bißchen Sex (die meisten Käufer mögen das nämlich nur in gewissen Grenzen, und Kurio will zudem nicht auf den Minderjährigen-Markt verzichten). Das Ganze wird freilich wie immer mit unglaublichen Werbesprüchen angepriesen (siehe Titel), was zeigt, daß die meisten Konsumenten einfach betrogen werden wollen. Wer sich dagegen auf anspruchslose, aber solide Unterhaltung einstellt, routiniert in durchgehend ordentlicher grafischer Qualität gezeichnet, ist mit Weißblech gut bedient. Wir freuen uns schon auf den nächsten Band: „Geile Geister aus der Gruselgruft“. -aa
 
Peinliche Frühwerke. 84 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 5, 6 Mark. Initiative Comickunst (INC) e. V. und Edition Rostfraß, c/o Wittek, Schulweg 29, 20259 Hamburg
 
Peinlich, daß diesen Band seit der Währungsumstellung anscheinend noch niemand besprochen hat. Aber war es den Rezensenten wirklich peinlich, darauf einzugehen? Ich behaupte, eine solche Veröffentlichung von Comics aus der Kindheit heute bekannter Zeichner aus dem Fandom wie Wittek, Calle Claus, Eckart Breitschuh oder Tom Plate war schon lange fällig. Manche halten ihre Frühwerke sorgfältig unter Verschluß oder vernichten sie diskret. Aber man trifft auch immer wieder mal Leute, die sich einen Spaß daraus machen, Freunde und Bekannte mit ihren ersten Comic-Gehversuchen zu amüsieren. Spott ist da nicht angebracht. Der Reiz der Frühwerke liegt auch weniger in der Offenlegung unvermeidlicher zeichnerischer Mängel als von Einflüssen und Vorbildern. Kaum einer beginnt mit eigenen Geschichten, sondern zeichnet mühevoll das nach, was ihn bei der Lektüre am meisten gefesselt hat. Und so begegnen wir hier Disneyfiguren, Marvel-Superhelden, dem Raumschiff Enterprise oder Spirou und Fantasio, mehr oder weniger vereinfachten Handlungsmechanismen und nur halb verstandenen Storystrukturen. Etwas unpassend fand ich die Beiträge von Nils Fliegner (MAD), Till Lenecke und Tom Plate, die erst im Alter von 15 oder 16 Jahren entstanden. Das sind keine Frühwerke mehr. Oliver Gfeller dagegen hatte offenbar schon mit sechs Jahren seine heute noch verwendeten Ausdrucksmittel gefunden. -aa
 
Rainer Baldermann: Für mich ein Schnitzel.... 56 Seiten, s/w mit Farbcover, DIN A 5
 
Rainer Baldermann zeichnet seine Comics und Cartoons mit gehörigem Risiko. Denn bei seinem lakonischen, oft auch derben Humor ist der Grat schmal zwischen Genialität und Albernheit. Der Künstler selbst hat entweder keinen Blick dafür, daß ihm der eine oder andere Cartoon lediglich vulgär gerät, oder es ist ihm egal. Wenn seine Arbeiten nicht sehr sorgfältig zusammengestellt werden, braucht er eine Menge Platz, damit seine guten Cartoons die weniger gelungenen aufwiegen. Das ist bei dem vorligenen Band zweifellos der Fall. -aa
 
Zinehead. (Juli 2003). 8 Seiten, s/w, 17,7 mal 21,5 Zentimeter. Karl Thomsen, P.O.Box 2061, Winnipeg, MB, R3C 3R4, Kanada
 
Nach der Einstellung seines Comicfanzines „Sunburn“ gibt Karl nun auch seinen Newsletter „Zinehead“ auf. Hier hat er noch einmal zahlreiche Publikationen aus der internationalen Szene aufgelistet, sortiert nach Rezensionsmagazinen, Internetprojekten und Independent Comics. Verzeichnet sind bei den Printprodukten jeweils aktuelle Ausgabe, Bezugsadresse und inhaltliche Schwerpunkte. Im Vorwort heißt es, „Zinehead“ sei der Startpunkt in eine turbulente und unvorhersehbare Welt. Karl möchte seine Leser nun offenbar in diese Welt entlassen. Schade. -aa
 
QI # 62 (Mai/Juni 2003). 24 Seiten, s/w, DIN A 5. Edgard Guimaraes, Rua Capitao Gomes 168, Brasopolis MG 37530-000, Brasilien
 
Bei diesem brasilianischen Magazin finden wir wieder eine Fortsetzung des Comics „Mundo Feliz“ und das „Forum“ in der eine Menge brasilianischer und internationaler Fanzines aufgelistet und abgebildet werden. Zudem hat der Herausgeber in diesem Heft zwei längere Artikel untergebracht, in denen offenbar besondere Publikationen ausführlicher vorgestellt werden. Wer Genaueres wissen will, sollte Portugiesisch beherrschen. -aa
 
Caricaturistas por Timor. 180 Seiten, teilweise farbig, 24 mal 17 Zentimeter Querformat, Paperback. Grafica de Coimbra (Portugal)
 
Timor ist eine Sunda-Insel und war einst teilweise portugiesische Kolonie. Nur wer die Auslandsnachrichten sehr aufmerksam verfolgt, hört gelegentlich von christlich-moslemischen Auseinandersetzungen, Terror und Gewalt auf Timor. Es ist keine Weltgegend, die besonders im Mittelpunkt des Interesses steht. Die in diesem Band versammelten – vermutlich hauptsächlich portugiesischen - Karikaturen thematisieren genau das. Nicht viel Abwechslung in der Aussage, aber viele verschiedene Zeichenstile. Deswegen war das Buch, das mir Teresa Camara Pestana zusandte, für mich durchaus sehr interessant. Es wird Euch wohl kaum in die Hände fallen, aber vielleicht ist diese Besprechung ein Anstoß, Euch öfters mal mit Karikaturenbänden zu beschäftigen. Es lohnt sich häufig. -aa
 
Comicaze
# 13 (Juli 2003). 20 Seiten, teilweise farbig, DIN A 4, gratis in München. Rainer Schneider, Volkartstraße 4 A, 80634 München
 
Vom ICOM kamen diesmal keine neuen Kostenlos-Magazine (ein Beitritt ist für Comicinteressierte und besonders Comicschaffende trotzdem nach wie vor sehr empfehlenswert). Das gibt mir Gelegenheit, über das einzige bei mir eingetrudelte Heft ein paar Worte mehr zu verlieren. „Comicaze“ erscheint mit zwei längeren Unterbrechungen nun schon im siebten Jahr. Macher Rainer Schneider hat das Heft ausschließlich aus höchstens zweiseitigen mehr oder weniger lustigen Comics zusammengestellt, was angesichts der gemischten Leserschaft (Kostenlos-Magazine liegen gewöhnlich in Kneipen aus) die richtige Strategie ist. Die Werbung, von der dieses Magazin lebt, fügt sich comicgerecht ins Gesamtbild ein – einmal geht sogar ein Comic von Peter Sim raffiniert in eine Kneipenanzeige über. Trotz beschränktem Platz wird eine Seite Comicbesprechungen spendiert. Natürlich geht es nur um Werke, mit denen fast jeder etwas anfangen kann (Hulk, Werner, Moebius). Aber die Münchner machen fast alles richtig. Hoffentlich dauert’s eine Weile bis zur nächsten Zwangspause. -aa
 
Kim Schmidt: Comic Zeichenkurs. 127 Seiten, durchgehend farbig, 14,5 cm x 21 cm, Softcover, 10 Euro. Carlsen, ISBN 3-551-76825-0
 
Äußerst witzig kommt dieser Comic-Zeichenkurs von Kim Schmidt daher. Der Künstler ist den PLOP-Lesern bereits bekannt durch seine Strips mit Mönch und Glockenseil. Inzwischen hat Kim sich zeichnerisch weiterentwickelt und läßt uns mit diesem Ratgeber teilhaben am Know How des Comic-Profis. Das Buch ist intelligent gemacht. Erst theoretischer Text, schön mit Bildchen illustriert, dann – lechz – ein zum Thema passender mehrseitiger Comic. Solchen Lehrstoff zieht man sich gerne rein. Gag am Rande: Die Figur, die einem das Leben des Zeichners vorführt, sieht haargenau so aus wie Kim Schmidt himself. Zum Inhalt: Traumberuf Comiczeichner (Umpf!) – Handwerkszeug Stifte, Pinsel, Leuchttisch – Zeichnen einer Figur (Boah eyh!) – Mimik, Köpfe, Hände – Hintergründe, Szenerie, Perspektive - Sprechblasen aufblasen (Pffft!) – Action und Speedlines (Boing, Zisch!) – Comic-Drehbuch (Tippe-di-tipp!) – Anbieten bei Verlagen (Puh!) – Die Rechte des Comiczeichners (gemeint ist nicht die Hand) – Vom Rohentwurf zur Endfassung (Wow!) – Zwölf Interviews mit Comiczeichnern, unter anderem Hartmut „Haggi“ Klotzbücher (You remember?). Ein Anhang mit Buchtiteln, Adressen und Schlagwortregister rundet das Buch ab. Kim Schmidt, Jahrgang 1965, präsentiert seine Erfahrungen locker und amüsant. Der Leser erfährt einiges, was ihm als bloßem Konsument von Comics verborgen blieb. Beispiel: Ein „Blaustift“ erzeugt Striche, die vom Fotokopierer nicht gesehen werden, das heißt, man erspart sich nach der Reinzeichung das Radieren, clever, was? So erhält man allerhand Informationen über das Drumherum. Was man mit dem Buch nicht lernt, ist das Zeichnen selbst. Da nützen auch die zahlreichen Beispiele nichts, wie man eine Hand zeichnet. Der Ungeübte wird diese Skizzen nicht einmal befriedigend abzeichnen können. Also, Zeichnen können sollte man schon, um aus dem Buch einen Gewinn ziehen zu können. Ideale Lektüre also für die Leser von PLOP. Und wenn man außerhalb von PLOP einen Bekannten hat, der gerade erste Versuche mit dem Comic-Zeichnen startet, kann man ihm mit diesem Buch eine Freude machen. Wenn der Beschenkte nach dem Lesen auch noch kein Kim ist, so hat er sich doch beim Blättern durch die 127 Seiten prima unterhalten. -kb
 
Thor # 1 – 3. 48 Seiten, farbig, Comicbookformat, 4 Euro. Panini
 
Geht man in den Bahnhofsbuchhandel in diesen Wochen, fühlt man sich gleich um 25 Jahre jünger, denn das Zeitschriftenangebot ähnelt dem der 70er verblüffend, solange man nicht so genau hinsieht: Es gibt wieder Sigurd-Hefte, „Zack“ ist wieder erstanden (siehe unten), die „Comixene“, „Thor“, die „Fantastischen Vier“, die Rächer, Batman und Superman lachen einem entgegen. Grrroßartig! Seit Panini „gesiegt“ hat, sind Marvel und DC hier in einer Hand, und die Hefte sind knatschteuer. Deshalb haben sich wohl auch die dicken Thor- und FV-Viererbände nicht bewährt, so interessant Zweitserien wie „Godstorm“ auch waren. Fast 8 Euro wollte wohl doch nicht jeder für die Helden zahlen. Daher der soundsovielte Neustart mit einer (gäähn!) Nummer 1 (wer fällt noch drauf rein?). Immerhin tut sich inhaltlich ein bißchen was: Odin ist tot. Ja, echt. Damit ist Thor Thronfolger und läßt sich einen Bart wachsen. Eine interessante Idee, den Donnergott in völlig neue Verantwortlichkeitskonflikte zu bringen, zumal eine düstere Prophezeiung vorausgeht. Ein Bild, auf dem ein wütender bärtiger Donnergott seinen Freund Baldur umgebracht hat, verfolgt ihn. Altlesern ist klar, daß Odin (Marvels Antwort auf den Weihnachtsmann) irgendwann zurückkommt, aber wie immer zählt bei Superhelden ja eher das „Wie“ als das „Was“. Herod
 
Zack # 45. 48 Seiten, farbig, 29,5 mal 21 Zentimeter, 4,55 Euro. Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag
 
Zack ist dünner geworden, liegt fast wieder in der Hand wie das alte. Echt ein Nostalgiegefühl, zumal eine wenig bekannte „Lucky Luke“-Kurzgeschichte drin ist (aus „Eppo“, daher wohl auch die lustigen niederländischen Soundwords), sowie eine bisher nicht oder nur in Taschenbüchern teilweise veröffentlichte Western-Story von „Hondo“ (von William Vance). Die Story ist so arbeitssparend angelegt, daß sie schon wieder Spaß macht: Außer angedeutetem Schneegestöber sieht man die meiste Zeit nur die Protagonisten von vorne. Das ist Hackwork vom Besten, das ist Vance, der für eine Taschenbuchstory keine Energie verschwenden wollte. Voll witzig, voll „Francobelgium goes Wäscher“! Besonders wenn man die Seiten mit den herrlichen Hintergrundansichten von Wohnräumen vergleicht, wie er es in Bruno Brazil präsentierte. Aber nein, das ist natürlich absichtliches Understatement, Italo-Western, filmisch und so... wer’s glaubt. Man sieht daran aber die achtbare Bemühung, ohne schlichte Nachdrucke das alte Zack-Feeling für die Leser zu erhalten, und das heißt nun einmal: 70er-Feeling, nicht einfach irgendetwas Neues aus Frankobelgien. Herod
 
H. G. Wells: Krieg der Welten. Ufos über der Emscher. Friedrich Schiller: Wilhelm Tell. Schützenfest wie im Revier. Mundartbände. Kartonierte Alben nach Vorlage der „Illustrierten Klassiker“. Je 24,80 DM, Verlag Henselowsky Boschmann, Bottrop (!)
 
Mundartbände sind „in“. Asterix gibt’s mittlerweile wohl so ziemlich in jeder denkbaren deutschen Dialektfärbung, sogar Onkel Dagobert schwätzt schwäbisch. Lange vor diesen gab es Mundartübertragungen von Bibeltexten oder von Max und Moritz. Das mag nun regional ja ganz nett sein, so was für die Lokalecke der Buchhandlung und zum Verschenken an Gäste, aber was soll’s? Den „Übersetzern“ Werner Boschmann, Dr. Stajkowski und Jott (sic) Wolf ist hier aber etwas Besonderes gelungen: Die alten, bieder gezeichneten Bände der „Illustrierten Klassiker“ wirken heute ohne weiteres unfreiwillig komisch, und genau das hat man genutzt, um unter Beibehaltung der ganzen Chronologie der Geschichte durch Übertragung in Ruhrpottplatt eine ironisierte, launige quasi Halb-Parodie zu schaffen. Der „Krieg der Welten“ von H. G. Wells scheint wie geschaffen dafür: man mußte nur den Angriffspunkt der Außerirdischen von Südengland ins Ruhrgebiet verpflanzen. Wilhelm Tell verbleibt zwar in der Schweiz, wird aber dauernd für den Ruhri-Leser kommentiert. Schon gelungen, echt „toffte“, könnte man sagen. Herod
 
Di Felice: Drachen. 48 Seiten, farbig, Softcoveralbum, 10 Euro. Carlsen
 
Mit seiner Fantasy-Offensive ist der Carlsen Verlag nicht gerade gut gefahren, wie die Einstellung des Fantasy-Comicmagazins „Magic Attack“ Anfang des Jahres beweist. In einem der Hefte wurde auch schon die Kurzgeschichte "Der letzte Drache" des Spaniers De Felice vorabgedruckt, und seitdem wartet der Fantasyfan auf das damals schon angekündigte Album. Die plastisch wirkenden Zeichnungen sind eine Augenweide, und die Titelheldinnen des Albums geizen nicht mit erotischen Attributen. In acht Kurzgeschichten um Drachenhöhlen, einen Riesenberg, eine verfluchte Schöne, einen Tempeljünger, einen Zaubertrank, ein magisches Schachspiel, eine verführerische Frau und den Tod erkundet De Felice fast sämtliche Klischees der Fantasywelt. De Felice ist ein überragender Zeichner (eigentlich mehr Maler), aber leider nur ein mieser Autor. Zugegebenermaßen ist es schwierig, auf durchschnittlich sechs Seiten eine Kurzgeschichte so aufzubauen, daß sie den Leser fesselt und überrascht. In diesem Album ist ihm das jedenfalls gründlich mißlungen. Jede der Geschichten ist vorhersehbar und vermag es nicht, den Leser zu fesseln. Was bleibt, sind wunderschöne Zeichnungen in einem Band, den man irgendwie enttäuscht zur Seite legt. Jo84
 
Utopian Artists: Without Identity #1. 208 Seiten, s/w mit wenigen Farbseiten, ca. 12x17cm, 6,50 Euro. Ehapa Manga & Anime
 
Schon lange angekündigt, ist jetzt der erste Manga der Utopian Artists erschienen. Ich war sehr gespannt auf den nächsten Manga von deutschen Zeichnern. Zur Geschichte: Autmn, eine junge Frau und Junkie, setzt sich den goldenen Schuß. Doch ihre Seele wird von Engeln gerettet, damit sie im Kampf gegen das Böse mithilft. Und schon bald kämpft Autmn mit ihrer neuen Partnerin Dandelion gegen Dämonen und Monster. Für diese Geschichte kann sich sicher der eine oder andere begeistern, was mir allerdings nicht gelingt. Denn den Kampf zwischen Gut und Böse – auch auf himmlischer Ebene – haben andere Autoren wesentlich ansprechender erzählt. Auch die Zeichnungen sind streckenweise gut, aber oft mangelt es an Hintergrundzeichnungen, so daß ganze Seiten geradezu kahl wirken. Andere Seiten dagegen sind von Rasterfolien und Artefakten so zugekleistert, daß man kaum noch die Konturen der Figuren bzw. der Räumlichkeiten erkennen kann. Was aber diesen Manga zum Ärgernis werden läßt, sind schlechtes Lettering, Orthographiefehler und verpixelter Druck. Der Reihe nach: Das ursprüngliche Lettering, welches man in der Leseprobe in Kinshan #4 noch bewundern durfte, wurde durch eine deutlich kleinere Schriftart ersetzt. Das allerdings so schlampig, daß sich das alte Lettering noch auf zahlreichen Seiten des Mangas wiederfindet, bezeichnenderweise beginnend auf der ersten Seite. Sogar schon im Prolog offenbart sich dem Leser die Rechtschreibschwäche, die sich durch den ganzen Comic zieht und dabei seltsame Wörter kreiert („fuerte“). Hat da überhaupt jemand korrekturgelesen ? Der Druck schließlich ist wunderbar verpixelt. Wenn man die Zeichnungen genauer betrachtet, kann man erkennen, daß kaum eine Linie durchgängig ist, sondern eine Abfolge einzelner Punkte, was so manche Zeichnung zusätzlich blaß aussehen läßt. Ganz deutlich wird die Verpixelung am Bild auf der Seite 41 sichtbar. Ich bin sehr enttäuscht, daß ein Comic in dieser Form publiziert wird, und kann von diesem schlampig produzierten Manga nur abraten. -dg
 
Robert Crumb: Schmutzige Wäsche Comics. 202 Seiten, s/w mit Farbumschlag, Hardcoveralbum, 17,90 Euro. Zweitausendeins
 
Mit dem Vorspann dieser Rezension mache ich gleich einen Fehler, denn dieser Band stammt von „Aline Kominsky-Crumb, R. Crumb und Sophie Crumb (manchmal, wenn sie Lust hatte)“. Ja, aber wenn Robert Crumb diesen Gemeinschaftscomic nicht künstlerisch zusammenhalten würde, hätte ich ihn gewiß nicht gekauft und dann wäre er wohl auch ziemlich schwer lesbar. Denn klar ist, auch wenn in dieser Ehe Aline den Ton angeben dürfte, kommt das nur zur Geltung, weil der Underground-Altstar seine Reaktionen auf ihre Eskapaden und Launen in immer neuen Variationen und immer wieder umwerfend witzig aufs Papier bringt. Die Crumbs haben hier die PLOP-Jamcomic-Interviews um Jahrzehnte vorweggenommen, wobei sie sich, jeder sich selbst, üblicherweise jeweils in ein und demselben Panel zeichnen. Der „Rollentausch“ – er zeichnet sie und sie ihn – wird als Besonderheit inszeniert, wie wenn Laurel Hardy und Hardy Laurel spielt; nur in einem Beitrag und beim Covermotiv führt allein Robert die Feder. Seit fast 30 Jahren sind die beiden ein Paar – inwieweit sie aber in den Comics ihren wirklichen Alltag abbilden, bleibt offen, und mit dieser drängenden Frage der Fans treiben sie amüsiert ihren Spott. Ich muß zugeben, daß ich kürzlich lautstark eine Falschinformation verbreitet habe: Die hier versammelten Werke schließen zeitlich nicht an den letzten Crumb-Band „Ein Heldenleben“ an, sondern sind parallel zu ihm und den Vorgängern „Endzeit Comics“ und „Die 17 Gesichter des Robert Crumb“ entstanden. Wäre wohl auch sehr anstrengend gewesen, immer nur Gemeinschaftscomics mit Frau Kominsky zu zeichnen. R. Crumb allein ist zweifellos witziger, aber die Comics in Gemeinschaftsproduktion mit Aline helfen ihm, nicht immer nur vergrübelt um sich selbst zu kreisen. Nun ist die Beziehung Gegenstand endloser Betrachtungen, was aber nicht dasselbe ist. Für Crumb sind das auf jeden Fall neue Themen, neue Erkenntnisse, neue künstlerische Perspektiven. Ursprünglich hat es sich um mindestens vier Comichefte (deren Cover in dem Buch mit abgebildet sind) und wohl etwas verstreutes Zusatzmaterial gehandelt. Man erlebt zumindest in groben Zügen, wie die Crumbs 1992 nach Frankreich ziehen und sich dort einzuleben versuchen. Man bekommt Alines Fitnesswahn, Roberts Schwäche für alte Schallplatten und stämmige Frauen und Sophies Gier nach Computergames mit, und man kann gut nachvollziehen, wie im Verlauf der Arbeiten rund 25 Jahre vergehen. Die Künstler blicken zwar so gut wie nie zurück, aber sie setzen sich, je weiter man liest, immer eindringlicher mit dem Altwerden auseinander. Auch wenn ihr Leben in Vielem ganz anders aussehen sollte, als es ihre Gemeinschaftscomics vermitteln, bekommt man durch sie einen intimeren Einblick, als einem lieb ist. Crumb ist nach wie vor einer der wenigen ganz großen Autoren-Comiczeichner – die meisten von ihnen sind im Underground beheimatet -, aber wer ihn bisher noch nicht kennt, sollte vielleicht nicht als erstes zu diesem Band greifen. –aa
 
Xoomic # 6 und 7. Je 52 Seiten, teilweise farbig, 20 mal 27 Zentimeter, 5 Euro. Frank-Kemter-Verlag, Nürnberger Straße 111 A, 90762 Fürth
Comixene # 62/63, 64 und 65. Üblicherweise 64 Seiten (Doppelnummer 96 Seiten), teilweise farbig, DIN A 4, 5 Euro. Comixene, Im Sonnengrund 10, 31275 Lehrte
 
Der neuen „Comixene“ hatte ich im letzten Heft vorgeworfen, daß sie kein richtiges Nachrichtenmagazin ist, obwohl sie mit einer Betrachtung der Verlagslandschaft so gestartet war. Der Vorwurf wäre natürlich „Xoomic“ ebenso zu machen. Dort wird Aktuelles sogar im hinteren Teil des Heftes versteckt. Auch wenn der Comicfan über jedes Fachmagazin, das ihn über sein Steckenpferd informiert, nur froh sein kann, konnte der Eindruck entstehen, als ob ich „Xoomic“ gegenüber der „Comixene“ vorziehen würde. Tatsächlich zieht „Xoomic“ eher die Sympathie des Lesers auf sich. Es wirkt eleganter, geschmackssicherer, „intellektueller“ und zugleich gefährdeter. Dabei sind die beiden Magazine nur jeweils auf unterschiedliche Märkte ausgerichtet: „Xoomic“ ist für den Comicladen gedacht, während sich die „Comixene“ am Kiosk behaupten soll. Daher muß die Truppe um Martin Jurgeit und Jörg Krismann in der „Comixene“ auf populäre und plakative Themen wie den Hulk-Film oder die neue „Blueberry“-Ausgabe setzen, während sich Frank Kemter in „Xoomic“ 14 Seiten lang mit dem sperrigen Lorenzo Mattotti auseinandersetzen kann, bis sein Werk in allen Facetten gebührend gewürdigt ist. Man sollte die beiden Magazine also nicht gegeneinander ausspielen und vielleicht nicht einmal miteinander vergleichen – die Szene kann beide gebrauchen. Nur meinen Vorwurf, daß sich beide zu wenig mit Nachrichten vom Comicmarkt beschäftigen, muß ich aufrechterhalten. „Xoomic“ verbannt die News in den hinteren Heftteil. Aber auch die „Comixene“ bietet kaum wirklich substantielle Nachrichten. Keinesfalls ist es damit getan zu vermelden, welcher Verlag welche Neuerscheinungen plant. -aa
 
DER ISARBULLE
 
Ein simpler Mord: Ein Fernsehregisseur wird nach Drehschluß auf dem Set erschossen. Der Verdacht fällt auf den Hauptdarsteller der Krimiserie „Der Isarbulle“, mit dem das Opfer wegen Änderungen im Serienkonzept Streit hatte. Aber auch andere Mitglieder der Filmcrew hätten Gründe gehabt, mit dem Regisseur abzurechnen. Harry Luck, im Hauptberuf Agenturjournalist und ein Kollege von mir, hat den Krimi „Der Isarbulle“ (Emons Verlag, Köln, ISBN 389705291-1, 9 Euro) geschrieben, und auf den zweiten Blick ist das Werk gar nicht so einfach gebaut, wie es den Anschein hat. Das Thema Mord im Filmmilieu wird nämlich mehrfach gespiegelt. Das Serial, das hier produziert wird, hat große Ähnlichkeit mit deutschen Fernsehkrimis wie „Derrick“ oder „Der Alte“. Aber auch die Ermittlungen der echten Kripobeamten ähneln denen der TV-Kommissare verblüffend. Geduldig besuchen sie einen Verdächtigen nach dem anderen und führen mit ihnen scheinbar belanglose Gespräche, bis sie schließlich dem Mörder die Maske vom Kopf reißen können. Dabei mokieren sie sich des öfteren über die doch so unrealistische Welt der Fernsehkrimis. Harry Luck ist bekennender Fan der erfolgreichen ZDF-Krimiserien. Die Hommage, die sein Roman darstellt, ist allerdings ironisch gefärbt, denn je beharrlicher hier der Eindruck erweckt wird, daß Polizeiarbeit wirklich so funktioniert, wie Herbert Reinecker sich das auszudenken pflegt, desto irrealer wird diese gediegene, gewaltarme Münchner Krimiwelt. Als „München Krimi“ wird das Buch vom Verlag angepriesen. Die regionale Verortung wird im Krimigenre schon lange als Verkaufsargument gegen die Konkurrenz von Agatha Christie oder Raymond Chandler benutzt. Ob der Roman das Versprechen dieses Etiketts einlöst, ist gar nicht so leicht zu sagen. Einerseits bildet die Isarmetropole nur eine relativ neutrale Kulisse – die Kommissare sind im Verlauf ihrer Ermittlungen hauptsächlich auf diversen Münchner Straßen unterwegs. Andererseits ist München für diesen Krimi geradezu essentiell, denn wo anders als in München – speziell im Nobelviertel Grünwald – könnte jemand wie Stephan Derrick seine Fälle lösen? Am realistischsten ist in dem Roman – wen wundert’s? – der Boulevard- und Polizei-Reporter Frank Litzka gezeichnet. Er weiß infolge eigener Recherchen über den Stand der Ermittlungen mehr, als die Öffentlichkeit erfahren darf, schreibt darüber ohne Rücksicht auf den Ruf irgendwelcher Personen und setzt die Polizei damit unter Erfolgsdruck (so sind natürlich nicht alle Journalisten, aber es gibt solche). Dem Autor dient Litzka freilich vor allem dazu, falsche Spuren zu unschuldig Verdächtigen zu legen. Harry Luck arbeitet bereits eifrig am nächsten „München Krimi“, dem vierten Band einer Serie, die immerhin einst mit „Killing Giesing“ und „Abknallen“ von dem bekannten Münchner Schriftsteller Friedrich Ani eingeleitet worden war. -aa